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Daimler, Quo Vadis?

Daimler, Quo Vadis?

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Mercedes-Benz Fahrzeuge sind der Ausdruck von ultimativem Luxus im Premium-Segment, aber gleichzeitig ist es auch eines von zwei Unternehmen in Deutschland, bei denen ich mir ernsthaft Sorgen mache, dass sie entweder ihre Unabhängigkeit verlieren oder sogar den Bankrott riskieren. In Anbetracht des enormen positiven Gewinnwachstums, das das Unternehmen in letzter Zeit verzeichnen konnte, mag eine solche Meinung für die meisten falsch und unrealistisch klingen, aber es ist eine Schlussfolgerung, die auf Daten und Fakten beruht. In diesem Artikel erkläre ich, warum ich glaube, dass Daimler in Schwierigkeiten steckt und dass eine kontinuierliche Schrumpfung, Konsolidierung oder eine stille Übernahme durch chinesische Investoren schneller erfolgen könnte, als die meisten erwarten.

Ein Blick in die Vergangenheit

Wie alle Automobilhersteller weltweit und ohne Ausnahme hat Daimler anfangs nicht an batteriebetriebene Elektrofahrzeuge geglaubt und viele strategische Fehler gemacht, unter denen sie noch immer leiden. Aber im Gegensatz zu allen anderen Herstellern investierte Daimler früh in Tesla und bestellte einen elektrischen Antriebsstrang für die B-Klasse, der das kalifornische Unternehmen vor dem frühen Bankrott bewahrte. Ohne Daimler würde Tesla heute wahrscheinlich nicht mehr existieren. Trotz des Erfolges wurde das Tesla-Projekt intern nicht ernst genommen, weil man mit Verbrennungsmotoren mehr Gewinn machen konnte und als finanz- und aktionärsgetriebenes Unternehmen entschied man sich, auszusteigen und weiterhin die Verbrenner- statt die Elektroauto-B-Klasse zu verkaufen.

Die Anfrage an Tesla in den frühen Tagen, einen Antriebsstrang für die B-Klasse zu entwickeln, war eine Forderung, von der Daimler fälschlicherweise glaubte, dass Tesla nicht in der Lage sein würde, sie zu erfüllen, was aber der Fall war. Tesla lieferte den Antriebsstrang, aber Daimler brach das Projekt ab, als sie erkannten, dass sie mit dem Verbrenner-Absatz einen größeren Gewinn machen würden. Wenn Manager etablierter Automobilhersteller, die „Benzin in den Adern“ haben, über die Zukunft eines Elektroauto-Projekts entscheiden, ist das Ergebnis nicht überraschend negativ. Ein Dilemma, das sich bei jedem technologischen Umbruch wiederholt und aus dem niemand zu lernen scheint.

Nicht nur, dass Daimler eine wertvolle Partnerschaft beendete, die ihnen unschätzbare technologische Einblicke lieferte, von denen sie profitieren konnten, sie verkauften auch ihre 9,1%ige Tesla-Beteiligung, die sie 2014 für 50 Millionen Euro erworben hatten. Ein Anteil, der heute etwa 100 Milliarden Euro wert ist – viel mehr als das gesamte Daimler-Unternehmen. Für die verbleibenden 4 % Tesla-Anteile erhielt Daimler im Jahr 2014, 600 Millionen Euro, die 7 Jahre später das 71-fache des erhaltenen Betrags wert sind. Ich nannte den Daimler-Verkauf von Tesla-Aktien an diesem Tag gegenüber meinen Freunden die dümmste Entscheidung, die Daimler je getroffen hat, und dieser Vorfall trug dazu bei, dass ich ein paar Monate später meine ersten Tesla-Aktien kaufte.

Der Daimler CEO Zetsche glaubte nicht an die Batterietechnologie und die Zellproduktion und erklärte 2014: „Die Zellproduktion ist eine Frage der Größe. Es ist unwahrscheinlich, dass das in großem Maßstab in Deutschland passieren wird.“ Jahre später verließ er den Konzern und erhielt nicht den üblichen Posten als Aufsichtsratevorsitzenden. Grund dafür waren der Dieselskandal, aber auch die vielen strategischen Fehler, die das Unternehmen in einem schwierigen Umfeld mit Elektroautos ins Hintertreffen brachten. Einer dieser Fehler war die Zellproduktion, die Daimler zunächst ablehnte und jetzt wieder aufnimmt.

Wie die meisten Autohersteller hatte Daimler beschlossen, sich nicht zu entscheiden und alle Technologien parallel zu entwickeln, statt aus den Erfahrungen und dem Erfolg von Tesla zu lernen und sich ganz auf das Elektroauto-Geschäft zu konzentrieren. Das Ergebnis ist ein Unternehmen, das schrumpft, aber in Hybrid-, Wasserstoff– und batterieelektrische Fahrzeuge und, weil das nicht ausreichte auch weiterhin in die Verbrennungsmotortechnologie investiert. Die wertvollen Ressourcen sind nun auf vier verschiedene Antriebstechnologien verteilt. Diese Entscheidung führte später zu mittelmäßigen Elektroautos wie dem EQC-Modell, das die Kunden mit geringer Effizienz und entsprechenden Verkaufszahlen enttäuschte, oder dem in China verkauften Denza X, einem Modell, von dem insgesamt nur etwa 4.000 Einheiten überhaupt verkauft wurden. Da das chinesische BYD-Denza-Joint-Venture nicht erfolgreich war, hat Daimler seinen Anteil kürzlich von 50 % auf 10 % reduziert und wird sich in Zukunft wahrscheinlich ganz zurückziehen.

Finanzen im Fokus

Rentabilität und Cashflow sind Schlüsselkomponenten, um ein Unternehmen unabhängig zu halten. Angesichts schrumpfender Verbrenner-Verkäufe und einer hohen Kostenstruktur entschied sich Daimler für einen neuen finanzgetriebenen CEO mit aus meiner Sicht begrenztem Technologieverständnis. Der neue CEO Ola Källenius startete 2020 ein Kostensenkungsprogramm und eine neue Strategie, um das Unternehmen profitabel zu schrumpfen. Ein Ansatz, der Sinn macht, denn mit rund 2,5 Millionen verkauften Fahrzeugen pro Jahr und ohne eine klare Entscheidung für ein Transformationsprogramm in Richtung Elektroautos ist das Unternehmen in allen Segmenten in denen es Fahrzeuge verkauft zu klein, um angemessene Gewinne zu erzielen und den erforderlichen Cashflow zu erzeugen. Bis zu 400.000 € wurden deshalb an Mitarbeiter gezahlt, die Daimler zu einem Zeitpunkt verließen, als Tesla gerade begann, nach Managern für seine neue Gigafactory in Brandenburg zu suchen, und nicht wenige nahmen das Geld von Daimler und begannen mit Tesla den Wechsel von einem rückständigen, Verbrenner-orientierten, unentschlossenen Unternehmen zum unangefochtenen Weltmarktführer für reine Elektroautos mit einem schönen Bonus in der Tasche.

Bei einer im Vergleich zur Marktkapitalisierung unglaublich hohen Verschuldungsstruktur ist die Refinanzierung der OPEX und CAPEX Investitionen in Batterien, Software und neue Produktionstechnologien bei schrumpfenden Umsätzen eine große Herausforderung. Diese Herausforderung führte nicht nur zum Abbau von Mitarbeitern, sondern auch zum Börsengang von Daimler Trucks in eine eigenständige Einheit, während Mercedes-Benz als Pkw- und Transporter-Geschäft bestehen bleibt. Was viele nicht wissen: Daimler wurde nicht nur in zwei, sondern in drei Teile aufgespalten, wobei Daimler Mobility, eine Einheit, die nicht viele Schlagzeilen macht, nun wiederum in zwei Teile zerlegt wurde. Alle diese Maßnahmen haben das nur ein Ziel, den Cashflow hoch zu halten und die Kostenstruktur zu reduzieren und dadurch steigert sich der Gewinn pro Fahrzeug und damit auch die Boni der Topmanager.

In den Pandemiejahren 2020 und 2021 kam es zu Störungen in der Lieferkette, aber dennoch waren es aus mehreren Gründen die besten Jahre für Daimlers Gewinn. Erstens ermöglichte es die Halbleiterknappheit und das begrenzte Halbleiterangebot auf Premiumfahrzeuge mit hoher Marge zu allokieren, was auch ausgiebig getan wurde. Zweitens wurden Preiserhöhungen von den Kunden, die schon lange auf ihr Fahrzeug warteten, ohne große Probleme akzeptiert, was ebenfalls zur Steigerung der Gewinne beitrug. Und schließlich erhielt Daimler aufgrund periodischer und anhaltender Schicht- und Werksschließungen staatliche Subventionen für Kurzarbeit, welche die hohen Lohnkosten für nicht genutzte Arbeitskräfte fast auf Null reduzierten und eine beispiellose Kostenflexibilität in einem schwierigen Umfeld ermöglichten. Obwohl es im Interesse der Regierung ist, die Arbeitsplätze der Beschäftigten zu erhalten, wurden die Steuergelder schlussendlich für hohe Unternehmensgewinne und Aktionärsdividenden investiert. All diese drei Faktoren zusammen mit den niedrigen Kapitalzinssätzen führen zum höchsten Gewinn pro Fahrzeug, den Daimler je erzielt hat, obwohl sie tatsächlich kein Zeichen von Stärke, sondern von Schwäche sind, denn keiner von ihnen wird für lange Zeit bestehen bleiben, und wenn sie einmal verschwunden sind, wurden die erforderlichen Reorganisationen nicht vorgenommen, und es sind geringere Gewinne oder sogar Verluste wahrscheinlich.

Trotz rückläufiger Absatzzahlen Daimlers sind die Quartalsgewinne somit hoch und die Dividende wird erhöht, was die Aktionäre glücklich macht und den Aktienkurs steigen lässt. Für alle Top-Manager in der Automobilindustrie wie den Vorstandsvorsitzenden Källenius, die hohe Boni erhalten, wenn sie hohe Gewinne erzielen, sind dies fantastische Jahre, aber sie sind nur fantastisch für alle, die es lieben, als kurzfristig glänzende Stars aufzutreten, ohne den langfristigen Unternehmenserfolg zu berücksichtigen. Nachdem jeder dieser drei Faktoren weg ist, werden die schrumpfenden Verbrenner-Verkäufe weiter schrumpfen und es hängt dann alles davon ab, wie schnell die Elektroauto-Modelle sie kompensieren können, wenn überhaupt. Dies gilt auch für Elektroauto-Modelle wie den EQC, EQA und EQS, welche die Verbrenner A-, C- und S-Klasse noch nicht erfolgreich kompensieren können, während ihre Gewinne ohnehin geringer sind. Der EQS war bisher das einzige Modell, das von seinen Kunden nicht heftig kritisiert wurde, aber als Premium-Luxusmodell wird er ohnehin nur eine sehr kleine Käufergruppe anziehen und die finanzielle Zukunft des Unternehmens allein nicht garantieren. Zum Vergleich, wäre das Model S und das Model X von Tesla die einzigen Modelle, wie groß wäre der US-Autobauer dann heute wirklich?

Was in den letzten Jahren wie ein Umsatz- und Gewinnsieg für Daimler aussah, könnte sich als ein Phyrus-Sieg entpuppen, für den das Unternehmen einen hohen Preis zahlen wird. Die Marketinganstrengungen von Daimler, welche die Technologieführerschaft bei Elektroautos und autonomen Fahrzeugen für sich beanspruchen, sind hoch, aber wenn wir einen genaueren Blick auf die Technologie werfen, basieren sie nicht auf Innovationen oder sogar bestehenden Lösungen, sondern auf einer Zukunftsvision und leider auch für technisch nicht versierte Personen mit irreführenden Aussagen. Wenn Daimler das an Innovationen im Angebot hätte, was sie behaupten zu haben, würden die Elektroauto-Zulassungen schneller wachsen als der Markt, aber das ist nicht der Fall, wenn wir das Volumen der neuen Elektroauto-Modelle mit den zusätzlichen Verkaufszahlen vergleichen.

Innovation: EQXX Konzept als Hoffnungsschimmer?

Daimler hat das innovative EQXX-Konzept mit einem atemberaubenden Design und bahnbrechenden technischen Spezifikationen vorgestellt, darunter eine Reichweite von 1.000 km mit einer Batterieladung, aber nur wenige haben die vorgestellte Technologie tiefer und kritisch analysiert. Das Publikum wird bei gut gestalteten Marketingpräsentationen, die viele Schlagworte verwenden, natürlich und schnell begeistert und bekommt den Eindruck, dass das Unternehmen sowohl Tesla als auch allen anderen Elektroauto-Herstellern voraus ist aber die Vergangenheit hat uns gezeigt das es einen großen Unterschied zwischen den Ankündigungen der deutschen Hersteller und den ausgelieferten Elektrofahrzeugen gibt. Wenn wir uns die beschriebenen technischen Daten genauer ansehen, sehen wir eine Zusammenfassung von Effizienzmaßnahmen, die sehr viele Autohersteller entweder bereits umgesetzt haben oder planen. Jede der von Daimler als bahnbrechend bezeichneten Technologien ist eine Sammlung dessen, was andere Elektroauto-Hersteller seit Jahren tun oder bereits entwickeln, aber keine ist für sich einzigartig oder gar neu. Sie alle in einem Konzeptauto zu vereinen, könnte man als neu bezeichnen, aber Prototypen sind einfach zu erstellen aber ein in der Herstellung kostengünstige Massenproduktion verdammt schwierig.

Mercedes-Benz

Im Kleingedruckten der Pressemitteilung von Mercedes-Benz, das man in der Regel nicht liest, weil man dafür eine starke Lupe braucht, wird darauf hingewiesen, dass die 1.000 km Reichweite des EQXX das Ergebnis einer digitalen Simulation ist, also einer Computersimulation. Daimler nennt die Reichweite in den Fußnoten daher zu Recht eine Vermutung und in einem Interview haben Daimler-Manager die Reichweite bewusst nicht bestätigt und deren Nutzen sogar in Frage gestellt.

In einer Computersimulation funktioniert tatsächlich wirklich alles, wenn man nur die Bedingungen richtig definiert, aber eine Simulation ist nicht die Welt, in der wir leben und fahren, und sie wird es auch nie sein. Und wenn sie es wäre, wären all die atemberaubenden Versprechen, die Daimler und andere Autohersteller in der Vergangenheit gemacht haben, alle wahr geworden. Sind sie das? Realistisch betrachtet ist der EQXX ein aufregendes Konzept und eine Vision und nicht mehr, während ein umgebautes und echtes Tesla Model S vor einigen Wochen in Kanada auf winterlichen Straßen bei realistischen Reisegeschwindigkeiten die erstaunliche Strecke von 1.210 km mit einer Batterieladung zurückgelegt hat und das war keine Simulation.

Die Behauptungen von Daimler, den Fahrzeugentwicklungszyklus zu verkürzen, müssen ebenfalls erst einmal bewiesen werden, denn dies würde eine völlig neue interne Organisation sowie eine Umstrukturierung der Zulieferer erfordern, von der wir noch nichts gehört haben wir aber hätten wäre diese durchgeführt worden. Die Herausforderungen, eine interne und externe Organisation zu verändern, um die Entwicklungszyklen zu verkürzen, sind gewaltig und können nicht ohne große Schwierigkeiten umgesetzt werden, während neue Start-ups die Möglichkeit haben, F&E-Abteilungen und Lieferketten von einem leeren Blatt Papier aus wesentlich einfacher zu gestalten. Wenn es so einfach wäre wie es das Unternehmen es darstellt, hätten alle etablierten Autohersteller bereits innerhalb von 3 Jahren ein neues Elektroauto-Modell entwickelt, aber das ist nicht der Fall.

Qualität der Mercedes-Benz Fahrzeuge

Statt eines schnelleren Entwicklungszyklus hatte Daimler in den letzten 2 Monaten 16 Rückrufe mit fehlerhaften Fahrzeugen, die zu Millionen in die Werkstätten zurückmussten. Die Kurbelwelle kann versagen, der gesamte Motor, Brandgefahr, Probleme mit dem Dieselpartikelfilter, Probleme mit der Lenkung und nicht zuletzt Airbag-Sicherheitsprobleme machten diese Maßnahmen notwendig. In Anbetracht all dieser Qualitätsprobleme, die vermutlich eher auf eine systemisches Ursache zurückzuführen sind, wird die Verkürzung des Entwicklungszyklus und die Hinzufügung neuer Technologie und Komplexität die Probleme nicht lösen, sondern sie noch vergrößern.

Abschließend muss gesagt werden, dass das EQXX-Fahrzeug viele für Daimler neue spannende Technologien mit zunehmender Komplexität und vielen innovativen Elementen zu enthalten scheint, die kaum in Großserie produziert werden können, weshalb die Herausforderungen und der Preis für dieses Fahrzeug sehr hoch sein werden. Weiterhin hat Mercedes angekündigt, den gesamten Antriebsstrang für die neuen MMA- und MB.EA-Elektroarchitekturen ab 2024 selbst zu bauen, eine Technologie, die bisher komplett an Zulieferer wie ZF ausgelagert war. All das Know-how hierfür muss intern erst einmal aufgebaut werden, aber bei einem Entwicklungszyklus von 7 Jahren ist es schwer vorstellbar, dass das Unternehmen den neuen, selbst entwickelten Antriebsstrang trotz dieser zusätzlichen Herausforderungen dann plötzlich in weniger als 2 Jahren liefern kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Daimler ein Konzept oder eine Vision für ein Fahrzeug vorgestellt hat, das es aktuell nicht gibt, und wenn doch, dann wäre es aufgrund seines Preises nicht erschwinglich und selbst für jene die es sich leisten können ein Nischenprodukt, und das alles für eine Reichweite, die der durchschnittliche Autofahrer ohnehin nie ohne Zwischenstopp fährt. So sehr ich auch glauben möchte, dass Daimler mit dem EQXX etwas Herausragendes geschaffen hat, wenn sie nur die Hälfte der vorgestellten Technologie heute verfügbar hätten, wären ihre Fahrzeuge einem Tesla überlegen und die Zulassungsdaten würden dies widerspiegeln. Stattdessen sehen wir aber einen Hersteller der in 2021 nur 4.1% reine Elektroautos trotz sinkendem Gesamtabsatz erreicht hat und damit so wie Audi und BMW knapp die Größe eines Nio oder XPeng hat.

Autonomes Fahren – Stand der Dinge

Das Gleiche gilt für die autonome Technologie der Stufe 3, die Mercedes für die hochpreisige S-Klasse und dem EQS vorgestellt hat. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um einen Spurhalte- und Geschwindigkeitsregelungsassistenten, der bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h auf der Autobahn eingesetzt werden kann, wobei die Geschwindigkeitsbegrenzung nur im Stau oder im Stop-and-Go-Verkehr einen Einsatz zulässt. Während viele glauben, ein System als Level 3 zu bezeichnen, ist einzigartig und das Mercedes-Benz das Erste autonome Fahrzeug noch vor Tesla, Mobileye und Waymo anbietet, wissen die meisten nicht, dass es nur die Haftung ist, die vom Autohersteller übernommen wird und sie keine technologische Innovation darstellt. Daimler hat einen Fahrassistenten vorgestellt, den viele Autohersteller bereits seit vielen Jahren einsetzen, aber diese nennen ihn Level 2, um die Haftung vorerst beim Fahrer zu belassen. Eine Haftungsänderung als autonomes Fahren zu deklarieren zeugt eher von dem verzweifelten Versuch, bei dem Thema in den Medien im Gespräch zu bleiben als von echten Innovationen.

Mercedes-Benz

In Anbetracht dessen haben Daimler und Mercedes-Benz weder eine Innovation noch eine erste autonome Funktion vorgestellt, sondern lediglich die Übernahme der Haftung in einem Stau und nichts weiter. Offen gesagt ist ein Level 3 Fahrassistenzsystem auf einer Autobahn eine technologisch leicht zu lösende Aufgabe, da die Fahrbahnmarkierungen in der Regel sehr gut sind und die Umweltbedingungen präzise definiert sind, ohne dass zum Beispiel Fußgänger und Radfahrer oder andere unerwartete Situationen oder Verkehrsbedingungen im Stau auftauchen.

Allen, die jetzt behaupten, man könne mit einem Daimler S-Klasse Level 3 System aber die Hände vom Steuerrad und Augen von der Straße nehmen, sei gesagt, dass es vielleicht etwas bequemer ist, aber andere Systeme erlauben das auch. Nachdem Nutzer über Monate und Jahre hinweg erlebt haben, wie perfekt ihr Level 2 System unter den beschriebenen Bedingungen funktioniert wird vieles jeden Tag in diesen Fahrzeugen gemacht das eine Haftung ausschließt. Es ist ein Mythos zu glauben, dass die Nutzer des Level 2 Systems nicht vieles andere auch machen und ihre Augen die ganze Zeit auf der Straße und Hände auf dem Lenkrad haben.

Das Level-3-System, das als „autonomes Mercedes-System“ vermarktet wird, ist in keiner Weise einzigartig, abgesehen von seinem haftungsrechtlichen Status und der ist in dem engen Anwendungsbereich nicht wirklich bemerkenswert. Die SAE-Stufen 1-5 definieren keine technologische Reife oder Fähigkeit, sondern einzig und allein die Haftung. Ein Level 2 System kann also durchaus Level 4 Fähigkeiten haben der Hersteller zieht es aber eventuell vor aktuell weiter auf der Level 2 Definition zu bleiben und das FSD-Beta System von Tesla in den USA das von ca. 11,000 Nutzern seit vielen Monaten ohne Unfall in Anwendung ist, zeigt dessen Erfolg.

Fahrzeugzulassungen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Marketingabteilung von Daimler gerne die Behauptung aufstellt, ein Technologieführer zu sein. Aber wenn Daimler der Technologieführer ist, für den sie sich ausgeben, warum schrumpfen dann die weltweiten Verkaufszahlen 2021 um -5% und im vierten Quartal sogar um fast -25% im Vergleich zum Vorjahr?! Ein atemberaubendes 1 von 4 verkauften Fahrzeugen und das nach einem schwachen Absatzjahr 2020? Ein verheerendes Ergebnis, das weder den notwendigen Cashflow schafft, um das operative Geschäft am Laufen zu halten, noch die angekündigten enormen Investitionen ermöglicht. Die Elektroauto-Verkaufszahlen von Daimler sind auf 99.301 Einheiten im Jahr 2021 gestiegen, wenn wir Pkw, Transporter und Smart-Fahrzeuge dazuzählen, was ein großer Fortschritt ist, aber damit liegt die Kultmarke immer noch auf dem Niveau von Start-ups wie Nio oder XPeng, die ihre Elektroautos bisher nur in China verkaufen, einem Markt, auf dem Mercedes-Benz um 2% geschrumpft ist, während Nio und XPeng um 100% gewachsen sind. Der Gesamtabsatz von Mercedes-Benz schrumpft schneller, als das Elektroauto-Wachstum dies kompensieren kann, und wenn dieser Teufelskreis nicht durchbrochen werden kann, ist das Unternehmen für viele Jahre mit Umstrukturierungen, Entlassungen und unterdurchschnittlichen Finanzergebnissen und Aktienkursen bedroht.

Probleme in der Lieferkette und Engpässe bei den Bauteilen können einen Teil des Umsatzrückgangs erklären, aber nach zwei Jahren bleiben die Probleme mit Komponenten und Systemen für alle bestehen aber nicht alle leiden so stark. Im Jahr 2020 hieß es, dass die Probleme in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 beendet sein würden, und heute wird der Zeitplan auf die zweite Hälfte des Jahres oder 2023 verschoben. Wenn alle Probleme nur mit der Lieferkette zu tun haben, warum bleiben dann die Verkaufszahlen auch nach der Markteinführung neu entwickelter Modelle auf niedrigem Niveau? Probleme in der Lieferkette sind eine willkommene Erklärung für die etablierten Autohersteller, aber die Behauptung, sie hätten eine hohe Nachfrage, wird nicht durch Zulassungsdaten oder Kundenumfragen gestützt. Die Probleme in der Lieferkette sind eine Folge der gestörten Logistik und Produktion aufgrund der Corona-Pandemie, aber solange die Pandemie andauert, warum sollten die Probleme in der Lieferkette dann plötzlich verschwinden?

Realistisch betrachtet werden die Herausforderungen in der Lieferkette noch lange bestehen bleiben, aber wichtiger ist, dass die Verbraucher mit jedem Monat, der vergeht, immer weniger an Verbrennern und immer mehr an reinen Elektroautos interessiert sind, während immer mehr und kleinere Wettbewerber attraktive Modelle zur Auswahl haben. Wenn man in einem solchen Markt Verbrenner verkauft, die immer weniger nachgefragt werden, und Elektroautos mit einer geringeren Verkaufsrate als nötig, schrumpft das Unternehmen, und genau das spiegelt sich in den Absatzzahlen von Daimler für 2021 wider.

Investoren des Konzerns

Die Stärke eines Unternehmens lässt sich an seiner Aktionärsstruktur ablesen, und im Zuge des Börsengangs von Daimler Trucks wurde bekannt, dass sich fast 20 Prozent und damit deutlich mehr als bisher bekannt und erwartet in den Händen zweier chinesischer Unternehmen befinden. Die Beijing Automotive Group (BAIC) gab bekannt, dass sie bereits seit 2019 insgesamt 9,98 Prozent der Daimler-Aktien hält. Weitere 9,7 Prozent hält der Gründer des chinesischen Automobilkonzerns Geely, Li Shufu. Rechnet man den Anteil Kuwaits von 6,8 Prozent hinzu, hält die Gruppe 26,5 Prozent an Daimler.

Darüber hinaus verlagert Mercedes im Stillen die Produktion von Deutschland weiter nach China und schloss eine ganze Fabrik in Brasilien ersatzlos, um die Kosten zu senken. Da der chinesische Markt aufgrund seiner Größe von entscheidender Bedeutung ist, sich bereits 20 Prozent des Unternehmens im Besitz chinesischer Investoren befinden und die Produktion zunehmend nach China verlagert wird, haben wir Grund zur Sorge, dass der deutsche Automobilhersteller im Laufe der Zeit seine Fähigkeit verlieren wird, unabhängige Entscheidungen zu treffen.

Daimler ist die ultimative Massen-Luxusmarke und als solche seit jeher in Asien gut vertreten, aber die größte und wichtigste Absatzregion für das Stuttgarter Unternehmen ist China, und eine kürzlich durchgeführte Umfrage ergab, dass die Mehrheit der Verbraucher lieber ein chinesisches Luxusfahrzeug als eine deutsche Marke kaufen würde. Allein diese Umfrage sollte Daimler dazu veranlassen, sehr sorgfältig darüber nachzudenken, was sie tun können, um die bereits bestehende Wahrnehmung zu überwinden, dass sie nicht mehr die Marke sind, für die die Verbraucher bereit sind, einen Aufpreis zu zahlen. Bislang sind weder Daimler noch andere deutsche Autohersteller auch nur annähernd auf dem Niveau der Elektroauto-Hersteller in China, und das ist ein großes Problem.

Mercedes-Benz

Daimler wurde in aller Stille in drei Bereiche umstrukturiert: Daimler Trucks, Mercedes-Benz und Daimler Mobility, wodurch die kleineren Einheiten anfällig für Übernahmen sind. Eine Konsolidierung im Lkw-Geschäft ist im Gange und das noch bevor die ersten Tesla-Schwerlaster für den Fernverkehr Ende dieses Monats an PepsiCo ausgeliefert werden. Der Umbruch im Geschäft mit schweren Sattelschleppern von Diesel- zum Elektroantrieb steht unmittelbar bevor, und während er in Nordamerika beginnt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Tesla 40-Tonnen-Semi mit einer Reichweite von 1.000 km nach Europa kommt, während bisher kein einziges Lkw-Unternehmen, einschließlich Daimler Truck, ein wettbewerbsfähiges Produkt im Schwerlastbereich entwickelt hat. Während Daimler in Wasserstoff- und Hybrid-Lkw investiert, werden die Kosten pro Kilometer für einen vollwertigen Elektroauto-Lkw wesentlich niedriger sein, was ihn für Speditionsunternehmen hoch attraktiv macht.

Obwohl der EQS ein gutes Luxus-Elektroauto ist, wird Daimler nur dann Geld verdienen, wenn der EQA der EQB und die anderen neuen Modelle für den Massenmarkt ein großer Erfolg werden, aber das ist im Moment nicht absehbar. Was die Software betrifft, so plant das Unternehmen, sein eigenes Betriebssystem, die Batterietechnologie und autonome Fahrzeuge zu entwickeln, während es weiterhin vier verschiedene Antriebsstränge produziert. All das verschlingt eine Menge Kapital und Ressourcen, während die Verkaufszahlen weiter schrumpfen und eine ganz ähnliche Entwicklung zeichnet sich im LKW Bereich ab.

Wachstum: Ausblick in die Zukunft

Seit dem Höchststand der Verkäufe im Jahr 2019 hat Daimler insgesamt rund 380.000 Verbrennerverkäufe verloren, aber nur 80.000 reine Elektroautos von sechs verschiedenen Modellen zusätzlich verkauft, was einem Nettoverlust von 300.000 Fahrzeugen entspricht. Mit einem durchschnittlichen Absatz von 13.300 Einheiten pro Elektroauto-Modell im gleichen Zeitraum liegen sie weit unter dem Durchschnitt. Mit insgesamt 99.301 verkauften Elektroautos mit mehr als 6 Modellen im Jahr 2021 sind die Kosten pro Modell höher als die Kosten der Wettbewerber. Die im Jahr 2021 verkauften Elektroautos von Mercedes-Benz Pkw und Transportern machen nur 4,1% aller verkauften Fahrzeuge aus, was trotz der Einführung zahlreicher neuer Modelle nur eine geringe Verbesserung des Elektroauto-Anteils im Vergleich zu allen in den Vorjahren verkauften Fahrzeugen bedeutet.

In den letzten zwei Jahren hat Daimler seinen jährlichen Elektroauto-Absatz im Jahr 2021 um 80.901 zusätzlichen Elektroautos gesteigert, Tesla dagegen um ganze 568.672 – und das alles, obwohl Zweifler kontinuierlich behaupten, die etablierten Autohersteller hätten einen Produktionsvorteil und hohe Nachfrage. Die Kluft zwischen den beiden Autoherstellern bei den jährlich ausgelieferten Elektroautos schrumpft nicht – sie wächst. In diesem Jahr oder spätestens 2023 wird Tesla bei den Fahrzeugverkäufen größer sein als Mercedes-Benz mit allen Fahrzeugen und bei Umsatz und Gewinn sowieso. All dies zusammengenommen zeigt, dass es in den letzten drei Jahren keine wirkliche Verbesserung gegeben hat, und es ist schwer vorstellbar, wie das Unternehmen ohne ein bestehenden Best-Seller in einem vernünftigen Zeitrahmen von seinem Verbrenner-Geschäft zu Elektroautos übergehen will.

Was die Zukunft bringt – meine Meinung

Meine Vorhersage über die Zukunft von Daimler, der Mercedes-Benz Gruppe und Daimler Trucks basiert auf den aktuell verfügbaren Informationen und Daten, kann aber auch völlig falsch sein. Die einzige Rechtfertigung dafür, dass ich es überhaupt wage, eine Vorhersage zu treffen, ist die Tatsache, dass sich die Vorhersagen, die ich seit etwa 4 Jahren zu veröffentlichen wage, später als weitgehend bis vollkommen richtig erwiesen haben.

Die Wahrscheinlichkeit, dass chinesische Investoren ihren Anteil am Unternehmen erhöhen und die Zukunft des 120 Jahre alten Unternehmens bestimmen, ist hoch. Daimler könnte zukünftig eine Marke sein, die sich im Besitz chinesischer Investoren befindet, ein Auto mit hauptsächlich in China hergestellter Technologie im Inneren, und der verbleibende deutsche Beitrag ist nur noch das luxuriöse Innendesign und das Daimler-Logo.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Daimler Truck ohne dass ein greifbares Elektro-Fahrzeug im Schwerlast- und Langstreckensegment in der Entwicklung ist, fusionieren muss oder von einem Konkurrenten übernommen wird, ist hoch. Jetzt, da das Unternehmen an der Börse notiert ist, sind feindliche Übernahmen leichter möglich, und wenn keine weitere Konsolidierung stattfindet, droht eine finanzielle Notlage. Wie sieht die Zukunft für einen Lkw-Hersteller aus, der in Wasserstoff- und Diesel investiert, während die Elektroauto-Kosten pro Kilometer um Faktoren niedriger sind, die Wartung fast nicht vorhanden ist und autonome Fahrfunktionen, die Sie ggf. lizenzieren können, auch den Fahrer eines Elektro-Lkw überflüssig machen?

Die Wahrscheinlichkeit, dass das Pkw-Geschäft weiter schrumpfen wird, ist hoch, und die A-, B-, C- und E-Klasse hat bereits deutlich Marktanteile verloren. Chinesische Hersteller und Tesla werden im Segment der Mittelasse weiter stark konkurrieren, während der kleine Premium-Fahrzeugmarkt als letzte Bastion für Kunden, die ein hochwertiges Luxusinterieur wünschen, bestehen bleiben wird.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Daimler bei Batterien, Software und Lösungen für das autonome Fahren von externen Zulieferern abhängig sein wird, ist hoch und schränkt die Fähigkeit des Unternehmens ein, sein Schicksal selbst zu gestalten und die erforderliche Wertschöpfung zu erzielen. Der zukünftige Gewinn findet sich in Software und Daten und daher wird der Großteil der Profite nicht mehr von Daimler kommen, sondern von den Zulieferern geschaffen werden.

Von allen deutschen Automobilherstellern, die ich analysiert habe, ist Daimler derjenige, bei dem ich mir am meisten Sorgen mache, ob er den historischen Wandel von Verbrennungsmotoren zu softwaregesteuerten batterieelektrischen Fahrzeugen überlebt.

Dass der Artikel polarisieren könnte ist dem Autor bewusst und spiegelt seine persönliche Meinung wider.

Der Beitrag Daimler, Quo Vadis? erschien zuerst auf Elektroauto-News.net.

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