Wie Porsche-CEO Blume die Zukunft des Sportwagenherstellers sieht
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Porsche-CEO Oliver Blume sprach in einem Interview mit dem Handelsblatt, welches der Hersteller nun auch selbst veröffentlicht hat, über Corona, den Halbleitermangel, die Elektromobilität und Chancen, die aus Krisen und Veränderung entstehen.
Herr Blume, das Corona-Virus breitet sich stärker aus, ein Ende der Halbleiterkrise ist nicht in Sicht. Steht Porsche ein schweres Jahr ins Haus?
Oliver Blume: Porsche ist glücklicherweise gut gerüstet und robust unterwegs. Gleichzeitig ist diese doppelte Krise auch für uns herausfordernd. Die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht an oberster Stelle. Unsere Unternehmenskultur hilft in Krisenzeiten: Zueinander stehen, mit Teamgeist agieren, wie in einer Familie.
Halbleiter sind knapp, daran können Sie nichts ändern.
Blume: Wir agieren flexibel und steuern täglich bestmöglich aus. Und wir profitieren davon, zum Volkswagen Konzern zu gehören. Volkswagen nimmt sehr große Mengen ab. Das bringt Skaleneffekte. Und Porsche erhält wegen der positiven Margen konzernintern eine gute Zuteilung. Ich blicke daher vorsichtig optimistisch ins Jahr 2022.
Aber eine Entspannung ist bei beiden Themen nicht in Sicht.
Blume: Jedenfalls werden uns Corona und der Mangel an Halbleitern auch in diesem Jahr erheblich beschäftigen.
Was heißt das?
Blume: Bei Corona braucht es eine andere Art der Führung. Physisch und digital. Mit systematischem, verantwortungsvollem Management der Krisenlagen. Und weiterhin geht es darum, Teamgeist zu entwickeln, leidenschaftlich und mit Herzblut zu führen. Bei den Halbleitern ist der Kontakt des gesamten Konzerns mit Zulieferern und Herstellern sehr viel enger und transparenter geworden. Das ist positiv, bleibt aber weiterhin herausfordernd.
Krisen sind manchmal eine Chance. Wie sehen Ihre Lehren aus diesem Doppelpack aus?
Blume: Ich denke da tatsächlich in Chancen. Wir haben uns noch stärker fokussiert. Ein Beispiel: Wir haben von Beginn der Pandemie an erheblich an unseren Fixkosten gearbeitet. Dadurch konnten wir die Gewinnschwelle weiter senken, sind also auf der Finanzseite noch stärker geworden. Mit dem klaren Ziel, unser ehrgeiziges Margenziel von 15 Prozent auch 2022 im Blick zu haben.
Hat Porsche dieses Ziel einer 15-prozentigen Umsatzrendite ebenfalls im abgelaufenen Jahr erreichen können?
Blume: Unser genaues Ergebnis steht noch nicht fest. Diese Zahlen werden wir auf der Jahrespressekonferenz im März bekanntgeben. Nur so viel vorab: Wenn die Kostenstruktur besser geworden ist und zugleich die Auslieferungszahlen klasse sind, erleben Sie mich recht entspannt.
Können Sie erklären, warum Menschen in diesem Krisenumfeld ein so großes Verlangen nach Sportwagen haben?
Blume: Viele Menschen wollen sich einen Traum erfüllen. Zum Beispiel mit einer starken Marke wie Porsche. Mit höchster Qualität, zeitlosem Design, performanten Produkten. All dies erklärt, warum wir mehr Autos denn je an Kunden ausliefern konnten. Allein für den 911 hatten wir im vergangenen Jahr mehr als 50.000 Bestellungen. Ein Erfolgsfaktor ist, dass wir unser Modellangebot kontinuierlich attraktiv erweitern.
Etwa um das Elektrofahrzeug Taycan.
Blume: Genau. Wir haben mit diesem innovativen Fahrzeug beweisen können, was bei einem Elektrosportler möglich ist. Der Taycan ist bei Fachleuten wie Kunden hoch beliebt. Im Vergleich zu 2020 haben wir die Verkäufe verdoppeln können – auf exakt 41.296. Damit lag er auf Augenhöhe mit dem 911, der sich ebenfalls besser denn je verkauft hat. Wer hätte das vor wenigen Jahren gedacht? Mit unserer gut aufgestellten Produktpalette haben wir im vergangenen Jahr zudem die Marke von 300.000 Autos durchbrochen. Das Volumen ist allerdings für uns keine Führungsgröße. Exklusivität, Qualität und individuelle Produkte gehen bei uns vor Stückzahl.
Trotz aller Verkaufserfolge: Der Taycan macht auch Probleme. Sie hatten Software-Probleme, jetzt gibt es Gerüchte über überhitzte Batterien…
Blume: … jeder Produktanlauf hat am Anfang seine Herausforderungen. Gerade bei Innovationen und neuen Technologien. Grundsätzlich gilt: wenn Themen aufkommen, gehen wir diesen sehr sorgfältig nach. Auch Gerüchte prüfen wir.
Während andere Unternehmen darben, verkauft Porsche trotz Krisen mehr Autos und verdient dabei noch gutes Geld. Was machen Sie nun aus dieser komfortablen Position?
Blume: In jedem Fall unseren Pioniergeist und Mut beibehalten. Gleichzeitig bleiben wir auf dem Boden und werden das Porsche-Profil strategisch weiter schärfen. Zum Beispiel in den Bereichen Digitalisierung und E-Mobilität. Wir kommen schneller als geplant voran. Im vergangenen Jahr war bereits jedes vierte weltweit verkaufte Fahrzeug elektrifiziert.
Hybride, also Verbrenner mit Elektroantrieb, sind dabei eingerechnet?
Blume: Ja, aber der Anteil der vollelektrischen Fahrzeuge ist mittlerweile größer. Der Erfolg des Taycan ist ein wesentlicher Treiber. Für uns ist das eine Bestätigung unserer Strategie: Wir haben früher als andere Hersteller auf Elektromobilität gesetzt – und der Kurs stimmt nach wie vor.
Mit dem Erfolg wächst das Selbstbewusstsein von Porsche. Setzt sich das Unternehmen vom Mutterkonzern VW ab?
Blume: Mir geht es weniger um Selbstbewusstsein, sondern um mehr Unternehmertum. Damit sind wir seit Jahren erfolgreich gefahren. Wir nutzen Komponenten aus dem Volkswagen Konzern genauso wie es andersherum geschieht. Wichtig ist doch: vom Porsche-Erfolg profitiert auch der Gesamtkonzern.
Der Zusammenschluss von Porsche mit Volkswagen wurde einst damit begründet, dass Ihre Firma die Motoren der Mutter braucht. Die Entwicklungskosten hätte Porsche nicht allein stemmen können. Gilt diese Logik noch?
Blume: Wir haben in den vergangenen Jahren einen tollen Wachstumskurs hingelegt. Ohne Volkswagen wäre das nicht möglich gewesen. Wir profitieren also von der Verbindung. Zugleich fokussieren wir uns stark und erfolgreich auf eigene Themen.
Würden Sie denn heute ohne VW auskommen?
Blume: Eine theoretische Frage. In Bezug auf Finanzkraft spricht unser Cash Flow für sich. Grundsätzlich gilt: Für die Transformation braucht es starke Partner. Wir können und wollen nicht alles allein machen. Und für die Themen, bei denen wir nicht alles selbst machen können, suchen wir uns passende Mitspieler. Für gewisse Umfänge ist dies der Volkswagen Konzern.
Die Krönung der Entwicklung ist dann ein Börsengang von Porsche?
Blume: Das haben Sie gesagt. Spaß beiseite, wir registrieren natürlich, dass es ein großes Interesse der Öffentlichkeit und in den Märkten gibt. Die Entscheidung darüber liegt einzig und allein beim Volkswagen Konzern. Wir können also keine Aussage dazu machen. Was an den Zahlen ablesbar ist: unser Unternehmen ist sehr gut aufgestellt und krisenrobust. Wir sind eine begehrte Marke, mit klarer Strategie, hohem Technologie Know-how und auch beim Thema Nachhaltigkeit sehr ambitioniert. Wir streben an, im Jahr 2030 bilanziell CO2-neutral zu sein.
Das wäre also Ihre Geschichte für den Börsengang?
Blume: Wir erzählen keine Geschichten. Porsche liefert und das seit Jahren beständig. Dies gelingt, weil wir die entscheidenden Weichen rechtzeitig stellen. Mit einer tollen Mannschaft, ohne die der stete Erfolg nicht möglich wäre.
Gehört dazu auch der Verbrenner oder hat der für Sie ein Ablaufdatum?
Blume: Wir haben kein konkretes Datum. Am Ende entscheiden dies die Kunden und die Weltregionen. Die besondere Aufgabe für uns besteht darin, den Verbrennungsmotor mit synthetischen Kraftstoffen nahezu CO2-neutral zu machen. Dazu investieren wir in die Entwicklung von eFuels.
Denken Sie, dass diese künstlich hergestellten Kraftstoffe eine Chance haben? Die Preise sind noch extrem hoch.
Blume: Das ist unser Plan. Wir wollen die synthetische Kraftstoffe dort herstellen, wo nachhaltige Energie unbegrenzt verfügbar ist – zum Beispiel in unserer Pilotanlage im Süden von Chile. Dort weht fast das ganze Jahr über starker Wind. Perspektivisch halten wir Preise von unter zwei US-Dollar pro Liter für realistisch. Und dann wird es interessant. Wir sehen uns als Pionier nachhaltiger Mobilität. Mit Fokus auf E-Mobilität, sinnvoll ergänzt durch eFuels. Diese stehen nicht im Konflikt zueinander.
Porsche will der Technologie-Treiber sein?
Blume: Wir sind tatsächlich in einer Pionierrolle. So, wie wir auch bei der Elektromobilität vorangegangen sind. Mit Blick auf weltweit mehr als eine Milliarde an Bestandsfahrzeugen sind schon prozentuale Beimischungen im Kraftstoff zielführend. Zudem findet sich das größte Anwendungsfeld der eFuels mit großem Bedarf in der Luft- und Schifffahrt.
Wird Porsche künftig auch zusätzlich Geld mit dem Verkauf von Anlagen für die Produktion solcher eFuels verdienen?
Blume: Jetzt geht es erst einmal darum, die Technik auf den Weg zu bringen. Wir sehen für eFuels eigene Einsatzfelder: für die Erprobung oder Erstbefüllung eines 911 ebenso wie für unsere Experience Center oder den Motorsport. Gleichzeitig entwickeln wir unsere elektrischen Fahrzeuge weiter. Dabei kümmern wir uns auch darum, mit welcher Energieform unsere Kunden künftig unterwegs sein werden. Deshalb werden wir in den nächsten zehn Jahren mehr als eine Milliarde Euro in die Hand nehmen, um in nachhaltige Energiequellen zu investieren. Solaranlagen, Windkraftanlagen und eben auch eFuels.
Ist das das neue Profil eines Autoherstellers? Sie müssen auch die nachhaltige Energieerzeugung abdecken?
Blume: Nachhaltigkeit ist eine weltweite Verantwortung und nur glaubwürdig, wenn sie ganzheitlich gedacht wird. Porsche allein wird die Welt nicht retten, wir sehen uns aber als Vorreiter. Und als Vorbild. Mit unserem Handeln wollen wir zeigen, wie es geht und Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen. Aber auch andere zum Mitmachen motivieren.
Ist das nicht Augenwischerei? Porsche-Modelle haben ein hohes Gewicht und sind sehr schnell unterwegs – verbrauchen also viel Kraftstoff.
Blume: Dem muss ich widersprechen. Nehmen wir unseren Panamera: In Europa verkaufen wir schon heute mehr als 70 Prozent als Plug-in-Hybride. In Städten lässt sich der Panamera lokal emissionsfrei bewegen. 2030 wollen wir rund 80 Prozent unserer Fahrzeuge mit einem elektrischen Antrieb ausliefern – als Hybrid oder vollelektrisch. Diese beiden Beispiele zeigen, dass Porsche seinen Beitrag zur Nachhaltigkeit leistet.
Dann müssen wir an dieser Stelle zur aktuellen Entwicklung fragen: Haben Sie die CO2-Vorgaben für 2021 geschafft?
Blume: Wir freuen uns, dass der Taycan im Markt so gut ankommt. Und auch über den hohen Hybrid-Anteil von Cayenne und Panamera. Deshalb sind wir sehr optimistisch, dass wir die CO2-Ziele in der europäischen Flotte erreicht haben, die wir uns im VW-Konzern für Porsche gesetzt hatten.
Aus der Vergangenheit heraus hat Porsche ein Image, das mit Nachhaltigkeit überhaupt nichts zu tun hat. Machen Ihre Kunden den Wechsel mit?
Blume: Definitiv. Unsere Kunden erwarten das und begrüßen es, dass wir uns nachhaltig aufstellen. Wir verbinden Sportlichkeit mit Nachhaltigkeit. Der Erfolg in den Weltmärkten gibt uns recht.
Der 911 ist Ihre Ikone. Das Auto soll hybridisiert werden. Wann wird das so weit sein?
Blume: Der 911 ist Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Wichtig ist: Wenn wir bei diesem Fahrzeug über ein Hybridisieren nachdenken, dann nicht im Sinne eines Plug-in. Es geht vielmehr um Eigenschaften aus dem Motorsport, also eine sehr sportliche Hybridisierung mit hoher Leistung an Rekuperation. Wie beim 919 Hybrid, mit dem wir drei Mal hintereinander die 24 Stunden von Le Mans gewinnen konnten.
Wann wird es ein solches Auto geben?
Blume: Eine Jahreszahl werde ich Ihnen nicht verraten. Wir werden uns dazu konkret äußern, wenn das Auto tatsächlich fertig ist. Sie können sich aber jetzt schon mal freuen.
Wie werden Sie die gesamte Modellpalette in den nächsten Jahren weiter entwickeln?
Blume: Wir haben unsere Produktstrategie flexibel aufgesetzt. In jedem unserer Segmente haben wir ein breites Angebot an Antrieben – Verbrenner, Hybride und elektrische Fahrzeuge. Im nächsten Jahr wird zum Beispiel der neue vollelektrische Macan als attraktiver Baustein hinzukommen. Mehr möchte ich heute noch nicht verraten.
Quelle: Porsche – Pressemitteilung vom 04.02.2022
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