BMW: „Wir haben die vielleicht besten E-Autos der Gegenwart auf dem Markt“
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BMW-Chef Zipse hat sich in einem Interview ausführlich zur aktuellen Lage der Automobilbranche geäußert, die momentan eine Krise nach der anderen meistern muss: Erst Corona, dann der Chipmangel und nun der Krieg in der Ukraine. Gleichzeitig müssen die Autobauer die große Transformation in zu fossilfreien Antrieben stemmen. Wie BMW dies gelingen soll, erklärte der BMW-Chef in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung.
Corona und die Halbleiterkrise seien noch gut zu bewältigen gewesen, so Zipse, die Nachfrage der Kunden sei weltweit die meiste Zeit „sehr robust“ gewesen und die Lieferströme „haben sich schnell erholt. Wir hatten im zweiten Halbjahr 2021 Auftragseingänge auf Rekordniveau“, so der BMW-Chef. Die Halbleiterkrise allerdings sei „schwierig zu handhaben, weil Absagen für Lieferungen teilweise sehr kurzfristig erfolgen“. Dennoch sei es BMW gelungen, in 2021 zu wachsen, Marktanteile zu gewinnen und ein gutes Ergebnis zu erzielen. Dieser Trend habe sich im ersten Quartal 2022 fortgesetzt.
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte BMW in Europa im März „spürbare Produktionsunterbrechungen“, aber auch hier laufe die Versorgung mit Zulieferteilen „wieder weitestgehend normal“. Das Geschäft mit Russland allerdings sei auf Eis gelegt, „wegen der Logistik, der Sanktionen, der Finanzierung.“ Sanktionen unterstütze BMW „vollständig“, allerdings sei „besonders beim Gas die Abhängigkeit von Russland sehr bedeutsam“. Denn bei Gas gehe es nicht nur um Wärme und Heizleistung, sondern auch um ein wichtiges „Prozesselement in der Industrie, um Produkte herzustellen. Da es sich dabei um Grundlagenprodukte handelt, wäre praktisch jeder deutsche Industriezweig sofort von einem Embargo betroffen“, gibt Zipse zu bedenken. „Die Auswirkungen eines Gasembargos auf die gesamte Wirtschaft wären sehr schwerwiegend“. BMW sei derzeit „im Austausch mit den Behörden über mögliche Folgen und bezüglich der Notfallpläne“.
„Resilienz braucht Vielfalt“
In Sachen der EU-Klimaschutzpläne „Fit for 55“ und deren Auswirkungen auf die Autoindustrie sagt Zipse, dass der Plan einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes von Neuwagen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 2021 zwar „ambitioniert“ sei. BMW aber unterstütze „diesen Pfad, sofern parallel die entsprechende Lade- und Wasserstoffinfrastruktur errichtet wird“. Der Hersteller habe auch bereits sein Produktprogramm „entsprechend aufgesetzt“.
Eine „alleinige Fokussierung“ auf den Batterieantrieb hält Zipse allerdings für problematisch, da man damit gleich vier andere Antriebssysteme abschafft: „Benzinmotor, Dieselmotor, Plug-in-Hybrid und auch Wasserstoff, wenn dieser nicht entsprechend gefördert wird“. Dadurch entstehe dem BMW-Chef zufolge „eine Abhängigkeit, die man unter den neuen Randbedingungen zumindest umfassend bewerten sollte. Resilienz braucht Vielfalt“, sagt Zipse, der für Technologie-Offenheit plädiert. BMW sei überzeugt, „dass zumindest in den nächsten 10 bis 15 Jahren die Weiterentwicklung aller Technologien einen substanziellen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann – mit ganz großer Betonung auf Elektromobilität.“
„Um Missverständnissen vorzubeugen“ sagt Zipse, dass diese Aussage „keine Absage an die überragende Bedeutung der Elektromobilität“ sei, „sondern vielmehr ein Plädoyer dafür, die anderen Technologien nicht vorzeitig abzuschaffen“. Es sollte nicht jetzt schon ein Ziel für 2035 festgelegt werden, findet der BMW-Chef. „Stattdessen sollte die EU eine Überprüfung der Entwicklung im Jahr 2027 oder 2028 vornehmen und dann eine transparente Folgenabschätzung durchführen“, schlägt der Manager vor. Denn noch sei „nicht sicher, wie gut der Hochlauf der Elektromobilität in den kommenden Jahren von den Kunden angenommen wird“.
Vor allem beim Ausbau der Ladeinfrastruktur bestehe dringender Handlungsbedarf, da „die Ladeinfrastruktur in Deutschland, aber noch mehr in Gesamteuropa, nicht Schritt hält mit der Marktentwicklung für Elektromobilität“. Die Zahl der E-Autos wachse momentan „etwa fünfmal so schnell wie die Ladeinfrastruktur“.
„Ein neues Niveau an Nachhaltigkeit“
Für 2025 hat BMW die Einführung einer komplett neuen Modellgeneration an Elektroautos angekündigt, der Neuen Klasse, die auf einer auf die Elektromobilität ausgerichtete Einheitsplattform basiert. Sie werde „genau zu dem Zeitpunkt kommen, zu dem wir mit dem Durchbruch der E-Mobilität in der Breite rechnen“, sagt Zipse. Auf der neuen Cluster-Architektur könne BMW viele Fahrzeuge ableiten, die allesamt „den letzten Stand der Zellchemie und Zelltechnologie sowie eine vollständig neue IT- und Software-Architektur mit wenigen, aber hochleistungsfähigen Zentralrechnern umfassen“ sollen. Die Neuen Klasse E-Autos sollen zudem „ein neues Niveau an Nachhaltigkeit erreichen, weil sie zu einem großen Teil aus wiederverwerteten Materialien bestehen“ und eine deutlich höhere Reichweite als aktuelle Modelle aufweisen.
Auf Branchenprimus Tesla und dessen hohe Verkaufszahlen angesprochen entgegnet Zipse, dass Kunden bei BMW genau das bekommen, was der Hersteller ihnen verspreche, „inklusive hoher Sicherheit und hoher Qualität“. BMW müsse sich nicht gegenüber Tesla verstecken und schneide in Tests „hervorragend ab – ich würde sogar sagen: Mit dem i4 und dem iX haben wir die vielleicht besten E-Autos der Gegenwart auf dem Markt“, sagt Zipse.
Quelle: Neue Zürcher Zeitung – BMW-Chef Oliver Zipse sagt eindringlich: „Ein Gasembargo hätte schwerwiegende Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft“
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