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Experte: LKW-Hersteller müssen Risiko der Elektrifizierung tragen

Experte: LKW-Hersteller müssen Risiko der Elektrifizierung tragen

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Mit den elektrischen Lkws vollzieht sich auch in der Transportbranche ein Paradigmenwechsel. Wo früher Diesel-Trucks nach 20 Jahren Laufzeit einfach weiterverkauft wurden, müssen jetzt Batterien ersetzt oder wiederverwertet werden. Berylls-Analyst Steffen Stumpp sieht vor allem die Lkw-Hersteller vor großen Herausforderungen. Im Interview erzählt er ausführlich davon.

Auch Lkws fahren in Zukunft elektrisch. Welche Auswirkungen hat das auf die Logistikbranche?

Heutige Lkws, die von Dieselmotoren angetrieben werden, sind sehr langlebige Produkte und damit eben auch der Antriebsstrang, der den größten Wert des Fahrzeugs ausmacht. So ein Diesel-Lkw ist rund 20 bis 25 Jahre in Betrieb. Bei batterieelektrischen Lkws ist die wertvollste Komponente nicht der Motor, sondern die Batterie, die eine wesentlich kürzere Lebensdauer als das Fahrzeug hat. Das ist eine komplett neue Herausforderung, für die die Industrie bisher noch keine Lösung hat.

Was bedeutet das konkret?

Wir gehen davon aus, dass eine Lkw-Batterie eine Lebensdauer von acht bis zehn Jahren hat. Unsere Analyse von Gebrauchtfahrzeugpreisen hat ergeben, dass ein Lkw zu diesem Zeitpunkt noch zwischen 25 und 50 Prozent des Neupreises wert ist. Sattelschlepper sind aufgrund der Laufleistung am unteren Ende der Scala anzusiedeln, während beispielsweise Betonmischer je nach Zustand die erwähnten 50 Prozent erreichen. Das bedeutet, dass diese Fahrzeuge nach acht Jahren eine neue Batterie benötigen.

Wie muss sich die Herangehensweise der Logistikbranche ändern?

Die Logistikbranche wird sich nicht ändern müssen und das auch gar nicht wollen. Das ist ein Problem, das die Anbieter der Fahrzeuge lösen müssen. Eine Möglichkeit wäre, dass der Hersteller den Lkw als Leasingfahrzeug anbietet, dann hat der Kunde mit dem Restwert und der Lebensdauer der Batterie überhaupt nichts zu tun. Und der Hersteller hätte dann die Chance, das Fahrzeug nach acht Jahren mit einer neuen oder aufbereiteten Batterie auszurüsten.

Rechnet sich dieses Geschäftsmodell für die Hersteller überhaupt?

Ich glaube, dass es am besten ist, nicht nur die Batterie, sondern das ganze Fahrzeug per Monatsrate zu vermarkten in einem Geschäftsmodell wie Truck-as-a-Service. Dabei ist es wichtig, dass der Leasinggeber mithilfe von Remote Diagnose beobachtet, wie sich der Zustand der Batterie entwickelt und so deren idealen Tauschzeitpunkt ermittelt. Das kann schon nach sechs Jahren der Fall sein oder erst nach zwölf Jahren.

Ist der Tausch so einfach durchführbar?

Einfach wäre übertrieben, aber deutlich unkomplizierter als beim Pkw, bei dem die Akkus in die Bodenstruktur des Fahrzeugs integriert sind, während die Batteriepakete beim Lkw modular an den Rahmenlängsträgern, unter oder hinter dem Fahrerhaus angebracht sind. Ich gehe davon aus, dass so ein Batterietausch in zwei bis drei Tagen möglich ist. Die Frage ist, welche Batterie man einsetzt. Ob sogenannte „remanufactured batteries“, also gebrauchte, die speziell für diesen Zweck aufbereitet werden, oder neue. Das ist auch eine Kostenfrage, denn Akkus sind teuer. Diese Frage hat noch keiner beantwortet.

Sie plädieren also für einen Tausch der Batterien?

Richtig. Wir wissen doch heute noch gar nicht, welche Batterien in acht bis zehn Jahren auf dem Markt sind. Die Batterie, die der Lkw nach deren ersten Leben bekommt, wird mit den Akkus, die ursprünglich eingebaut waren, nicht mehr viel zu tun haben, da sich die Batterietechnik ja weiterentwickelt.

Wie werden sich die Geschäftsmodelle verändern?

Die Vertriebsmodelle werden innovativer. Truck-as-a-Service ist ein Angebot, das mit einer nutzungsabhängigen Monatsgebühr verbunden ist. Das kann so weit gehen, dass die Traktionsenergie, also der Strom in der monatlichen Rate enthalten ist. Letztendlich wird es modulare Angebote geben, bei denen der Kunde nur für das bezahlt, was er auch wirklich nutzt. Ich gehe davon aus, dass das Leasing in Zukunft zunimmt, da die Logistik-Unternehmen sehr risikoavers sind.

Wenn die Risiken auf die Hersteller abgewälzt werden, spielen die da mit?

Die Hersteller werden da mitspielen und sich den Regeln des Marktes anpassen müssen. Schließlich wollen sie weiterhin Geld verdienen und nicht den Kontakt zu den Kunden verlieren. Es gibt ja mittlerweile schon Intermediäre, die elektrische LKW in großer Stückzahl bei den OEMs kaufen und an die Logistikunternehmen verleasen. Da ist der Druck auf die Hersteller groß.

Wie wirkt sich die Elektrifizierung auf den Lkw-Betrieb aus?

Jeder Betrieb muss sich eine optimale Lade- und Einsatzstrategie überlegen. Dabei ist es wichtig, ob die Batterieladung für einen Tag ausreicht oder ob man zwischendurch noch mal nachladen muss. Bei Fahrzeugen, die im Bau oder im Verteilerverkehr unterwegs sind, reicht das Laden im Depot mit geringeren Leistungen, was dem Schnellladen immer vorzuziehen ist. Da das Laden im eigenen Betriebshof nicht nur günstiger, sondern auch schonender für die Batterie ist, werden alle Logistikunternehmen versuchen, die Akkus so häufig wie möglich dort zu füllen.

Was sind denn die Konsequenzen für die Energieversorger?

Das intelligente Laden wird immer wichtiger. Wenn die Lkws am späten Nachmittag wieder zurück ins Depot kommen, muss das Laden so gesteuert werden, um nicht die Spitzenlast in den Abendstunden zu erhöhen. Letztendlich sind variable Stromtarife oder finanzielle Anreize für Lkw-Nutzer nötig, um ihre Lkws dann zu laden, wenn das Stromnetz in der Lage ist, Energie abzugeben.

Bei Batterien ist angesichts der drohenden Rohstoffknappheit das Recyling der Batterien ein wichtiger Faktor…

Die Hersteller werden ein großes Interesse haben, die Fahrzeuge nach Ende des Lebens zurückzubekommen, da eine Batterie wertvolle Rohstoffe enthält. Je nachdem, wie sich die Rohstoffpreise entwickeln, kann das „Urban Mining“ also die Rückführung der Batterien in den Zyklus eine wichtige Quelle für die Rohstoffversorgung sein.

Damit endet auch der Export ausrangierter Lkws in Regionen wie Afrika oder Indien?

Ja. Es wird noch einige Jahre dauern, bis batterieelektrische Lkws in solchen Ländern einsetzbar sind, da dann die nötige Ladestruktur vorhanden ist. Das bedeutet aber auch, dass der Export von gebrauchten Lkws deutlich zurückgehen dürfte, wenn die Flotte weitgehend auf den E-Antrieb umgestellt worden ist.

Also wird das Recycling ein weiteres Geschäftsfeld?

Definitiv. Allerdings sind die Rohstoffpreise sehr volatil. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Rohstoffpreise so gering sind, dass das Recycling ein Zuschussgeschäft wird. Man muss ganz klar sagen, dass sich der Aufwand, die Batterie auszubauen und wiederzuverwerten, nicht zu jedem Preis lohnt. Zumal bei den LFP-Akkus, die in den Lkws hauptsächlich zum Einsatz kommen, nur Lithium ein wirklich wertvolles Material ist, da diese kobalt- und manganfrei sind. Recycling ist kein Selbstläufer.

Gibt es Alternativen?

Die gibt es, indem man die Batterie als stationäre Speicher weiterverwendet. Zum Beispiel als Pufferspeicher bei einer Lkw-Ladestation. So kann man auch bei niedrigen Rohstoffpreisen den Wert der Batterie maximieren, indem man diese Second-Life-Anwendung an den Lkw-Zyklus anschließt. Das ist mit einem State of Health der Batterien zwischen 60 und 80 Prozent durchaus möglich. Auch dafür wird es einen Markt geben.

Was empfehlen Sie?

Wenn man einen gebrauchten Lkw besitzt, muss man am Ende des Lebenszyklus schauen, wo man den größten Erlös für das Fahrzeug und die Batterie bekommt. Das kann auch der Weiterverkauf sein. Da der Lkw-Markt sehr zyklisch ist, kann es sich sogar lohnen, die Batterien einzulagern und sie dann zu recyclen, wenn die Rohstoffpreise wieder anziehen. Letztendlich handelt es sich dabei um ein Warentermingeschäft.

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