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Lutz Stiegler, Volvo: Bidirektionales Laden als Problemlöser der E-Mobilität

Lutz Stiegler, Volvo: Bidirektionales Laden als Problemlöser der E-Mobilität

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In der aktuellen Folge des Elektroauto-News.net Podcast habe ich Lutz Stiegler zu Gast, seines Zeichens Solution Manager Electric Propulsion bei Volvo Cars in Schweden. Kurzum oder einfach gesagt, wie er es selbst auch im Gespräch ausführt, ist er für den elektrischen Antriebsstrang zuständig und alles, was damit zu tun hat. Damit auch verbunden das Thema bidirektionales Laden, was erstmalig beim Volvo EX90 möglich wird.

Dieser und vor allem das Thema bidirektionales Laden war unser Gesprächsthema in der aktuellen Folge. In einer Art Deep Dive sind wir tief in das Thema bidirektionales Laden eingetaucht und haben betrachtet: Was bedeutet es für E-Autofahrer:in? Was bedeutet es für die Gesellschaft und welchen Nutzen hat die Industrie davon? Die Stromnetzbetreiber?

Ferner ist es Herr Stiegler gelungen, auch die technischen und regulatorischen Herausforderungen an diese wichtige Stütze der E-Mobilität/ Erneuerbaren Energie in einfache Worte zu fassen. Insofern gehen wir direkt rein ins Gespräch mit Lutz Stiegler. Viel Freude damit.

Gerne kannst du mir auch Fragen zur E-Mobilität per Mail zukommen lassen, welche dich im Alltag beschäftigen. Die Antwort darauf könnte auch für andere Hörer des Podcasts von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freue ich mich natürlich. Also gerne melden, auch für die bereits erwähnten Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung, beim Podcast-Anbieter deiner Wahl, freue ich mich natürlich auch sehr! Danke.

Transkript zu: Lutz Stiegler, Volvo: Bidirektionales Laden als Problemlöser der E-Mobilität

Sebastian

Hallo, Herr Stiegler. Vielen Dank, dass sie sich heute die Zeit nehme, dass wir uns ein wenig über das Thema bidirektionales Laden unterhalten. In Hinblick oder auch mit dem Hintergrund von Volvo, die mit dem EX90 das erste E-Fahrzeug überhaupt auf die Straße bringen, das das bidirektionale Laden unterstützen wird. Bevor wir da allerdings in das Thema einsteigen, können Sie sich vielleicht unseren Hörer, Hörerinnen mal vorstellen?

Lutz Stiegler

Ja, hallo, Herr Henßler. Mein Name ist Lutz Stiegler. Ich arbeite bei Volvo Cars hier in Schweden in Göteborg und bin da zuständig für den elektrischen Antriebsstrang, also für die Komponenten, die gebraucht werden, um das Auto zu bewegen. Das sind also Batterien, E-Maschinen, Inverter und eben auch, wenn es darum geht, wie man die Batterien wieder auflädt. Das ist mein Produktverantwortungsbereich.

Sebastian

Und demnach ja dann auch Experte für das Thema bidirektional Laden, wo wir jetzt dann auch ein Stück weit tiefer eintauchen möchte. Weil das habt ihr jetzt ja auch mit dem EX90 präsent in die Presse hineingebracht sozusagen, dass ihr das erstmalig anbietet. Vielleicht können Sie uns da auch mal abholen. Was versteht man unter bidirektionalem Laden? Wie kann ich mir das im Alltag vorstellen?

Lutz Stiegler

Ja, da fangen wir am besten mal grundsätzlich an. Der Standard, den es heute normalerweise gibt, ist unidirektionales Laden, also Laden in eine Richtung. Ist eigentlich bei Laden ohnehin sinnvoll, da nur davon zu sprechen, dass es eine Richtung ist. Sonst wäre es ja Entladen. Heißt also, Strom vom Netz ins Auto. Und das geht auf zwei Wegen. Einmal über Gleichstrom oder Gleichspannung, das ist das Schnellladen. Und dann geht es über Wechselstrom und Wechselspannung, was an der heimischen Wallbox aufgenommen wird, das Fahrzeug dort verbunden wird und wo dann eben der normale Haushaltsstrom, also in Europa drei Phasen 400 Volt, ins Auto kommt.

Und dafür braucht es im Auto einen Spannungswandler, der aus diesem Drei-Phasen-Wechselstrom wieder Gleichstrom macht, der dann in die Batterie überführt wird. Das sind die üblichen Ladegeräte. Ist in allen E-Autos drin heutzutage. Und dort ist jetzt genau der Unterschied beim EX90, wie Sie schon gerade gesagt haben, dass eben genau dieses Ladegerät nicht nur den Strom vom Netz entnehmen und in die Batterie einspeisen kann, sondern eben auch umgedreht Strom aus der Batterie entnehmen und zurück ins Netz speisen kann, wenn da gewisse Randbedingungen gegeben sind. Das geht also sowohl über dieses Ladegerät, was die neue Geschichte ist an diesem Fahrzeug, als auch über den Gleichspannungsanschluss.

Sebastian

Vielen Dank da schon mal für das „abholen“. Das bidirektionale Laden, um das noch mal auf den Punkt zu bringen, ist, dass ich eben nicht nur den Strom ins Fahrzeug bekomme, sondern auch wieder aus dem Fahrzeug zurückspeisen kann. Jetzt fragt man sich ja, warum? Was ist das Ansinnen dahinter, warum ich das überhaupt nutzen möchte? Weil mir reicht es ja rein theoretisch aus, dass ich mein E-Auto lade, komme ich von A nach B. Was für einen Nutzen habe ich davon? Was für einen Nutzen hat das Stromnetz vielleicht oder auch das gesamte Land, Gesamteuropa, wenn wir das dann eben so ein Stück weit einbinden?

Lutz Stiegler

Da gibt es sehr viele Dimensionen von diesem Nutzen. Man kann das vielleicht mal so sehen, wie… Viele von Ihren Hörern haben vielleicht zu Hause ein Solardach und haben da einen Heimspeicher dran, also eine Batterie im Keller stehen, die in der Regel so zwischen 5 und 15 kWh groß ist. Und diese Batterie wird dann quasi mit dem Auto ergänzt. Das Auto würde fast identisch funktionieren wie diese Batterie. Wenn aus irgendwelchen Gründen sehr viel elektrische Leistung vorhanden ist, wird es eingespeist, und wenn diese elektrische Leistung gebraucht wird, wird es wieder herausgenommen aus der Fahrzeugbatterie.

Da gibt es mehrere Einsatzzwecke. Der einfachste Einsatzzweck ist genau der, den der Heimspeicher bei den Zuhörern auch erfüllt, nämlich dass man gerne den Nutzungsgrad der eigenen Solaranlage erhöhen möchte. Das ist der einfachste Anwendungsfall. Das ist aber nur lokal begrenzt. Jetzt gibt es noch weitere Sachen, die hängen dann zusammen mit dem Stromnetz. Wenn man das mal etwas weiter sieht, dann ist eine starke limitierende Eigenschaft, wenn es um die erneuerbaren Energien geht eben, dass sie nicht immer dann da sind, wenn man sie braucht. Aber wenn sie da sind, hat man meistens zu viel davon. Also da ist Supply und Demand selten im korrekten Gleichgewicht und deswegen braucht man verschiedene Speichermöglichkeiten für diese erneuerbaren Energien.

Und so wie der Heimspeicher auch, ist das Elektroauto, was bidirektional benutzt werden kann, ein perfekter Kurzzeitspeicher. Bei Kurzzeitspeichern spricht man also im Stunden- oder auch Tagebereich, aber nicht länger, also nicht saisonale Speicher. Das ist die andere große Gruppe von Speichern, der Langzeitspeicher, wenn man dann über saisonale Speicher spricht. Das können die Autos sinnvoll nicht machen, aber Kurzzeitspeicher können sie machen.

Und das sehr Interessante daran ist, dass, wenn man sich überlegt, welche Größenordnung die Fahrzeugbatterien in Zukunft haben werden, also Anzahl der Autos mal Größe der Batterien, dann wird man schnell zu der Schlussfolgerung kommen, dass das relativ viel ist. So viel, dass man damit eigentlich den von den Instituten und Forscherorganisationen, die sich damit befassen, erhobenen Speicherbedarf im Prinzip komplett abdecken könnte. Und deswegen ist das eine sehr interessante Geschichte für die Zukunft. Es ermöglicht also, mehr erneuerbare Energie im Netz.

Sebastian

Das ist doch schon mal ein triftiger Grund dafür, das zu nutzen, tatsächlich. Sie sagen jetzt auch, wir nutzen das, um einen Kurzzeitspeicher bereitzustellen, jetzt eben gerade im Umfeld der erneuerbaren Energien. Funktioniert das dann sowohl mit Wechsel- als auch mit Gleichstrom? Funktioniert es nur mit Gleichstrom? Also geht es quasi nur an die AC-Wallbox ran oder geht das sinnvollerweise über die DC-Lademöglichkeit? Weil da kursieren ja auch immer wieder unterschiedlichste Aussagen im Netz sozusagen und vielleicht, wenn wir jetzt hier den Experten haben, kann der mal ein Stück weit Aufklärung betreiben.

Lutz Stiegler

Ich kann es versuchen. Das müssen wir mal ein wenig aufteilen. Da gibt es Hardwarefragen, also was an Geräten muss im Auto drin sein oder muss im Haus dran sein, damit es funktioniert, und dann gibt es Softwarefragen, wie müssen die miteinander reden, damit es funktioniert. Wenn man erst mal nur von der Hardware, von den Geräten ausgeht, dann können eigentlich alle Autos theoretisch das tun, dass sie über diesen Gleichstromanschluss, den jedes Auto hat, auch Strom abgeben, weil der direkt mit der Batterie verbunden ist. Da hängt es also nur von dem Spannungsniveau ab, ob man Spannung abgibt oder aufnimmt, ob man Strom abgibt oder aufnimmt.

Die Änderung, wie gerade jetzt gesagt, ist im Ladegerät, oder wie eingangs gesagt, ist im Ladegerät. Das ist bei den meisten anderen Fahrzeugen. Es gibt Ausnahmen. Das gibt es heute schon, dass die bidirektionale Funktionalitäten aufweisen, aber die meisten machen das eben nur unidirektional. Und das ist ein Stück, das halt im Auto gebraucht wird, damit das funktioniert. Das ist ein Stück Hardware. Jetzt gehen wir mal außerhalb des Autos und dann haben wir wieder die zwei Möglichkeiten auf der DC-Seite, also der Gleichstromseite, oder auf der AC-Seite. Wenn denn das Auto auf der DC-Seite angeschlossen werden soll für den bidirektionalen Betrieb, dann braucht man eine Wallbox, die auch DC-bidirektional verwendet werden kann.

Das gibt es schon in Anfängen sehr wenige und die haben vor allem den Nachteil, sagen wir mal, dass sie relativ teuer sind. Warum? Weil die in dieser Wallbox im Prinzip diese Spannungsumsetzung machen von Gleichstrom, der aus dem Auto kommt, zu Wechselstrom, der im Netz gebraucht wird. Das ist dann in dieser Box. Bei dem Weg, den wir beschreiben, und da kommen wir zur AC-Seite, da ist die Hardware auf der Wallbox, die ist eigentlich genau gleich. Da ist nichts Aktives drin. In so einer normalen Wallbox, die Sie alle zu Hause haben, da ist ein Relais drin, ein Fehlerstromschutzschalter, ein bisschen Elektronik, um mit dem Auto zu sprechen und vielleicht noch ein bisschen andere Kommunikation. Aber da ist keine Power-Elektronik drin.

Und deswegen ist diese Art der Wallboxen auch relativ preiswert, verglichen zumindest mit der DC-Wallbox. Also man braucht ein System, was zusammenpasst. Entweder, wenn man es über DC machen will, braucht man eine geeignete Wallbox, oder, wenn man es über AC machen will, dann, wie zuvor besprochen, reicht eigentlich die normale Wallbox. Jetzt kommen wir aber dann zu dem Kommunikationsproblem, weil diese Wallbox muss dem Auto noch beibringen können, dass sie jetzt gerne Strom haben und nicht Strom liefern möchte, um das mal so einfach zu sagen.

Und dazu gibt es einen Standard, eine ISO-Norm, die da ausgerollt worden ist, die das eigentlich regelt. Die ist aber noch sehr neu, nicht gut und nicht vollständig implementiert, sodass da erst die Angebote solcher Wallboxen kommen. Die Hoffnung ist aber, oder die Voraussicht ist aber, dass diese Wallboxen eben weiterhin in der gleichen Preisregion sein werden, was die Wallboxen heute auch sind. Also rein technisch kann eine heutige Wallbox, die Sie zum Beispiel am Haus haben, das auch. Man muss eben nur sehen, wie das Kommunikationsproblem gelöst ist und das wird langfristig durch diesen Standard gelöst. Es ist denkbar, dass der eine oder andere Wallbox-Hersteller seine Wallboxen updatet, aber dazu können die Details dann nur die Wallbox-Hersteller sagen.

Sebastian

Aber dann haben wir zumindest schon mal einen guten Überblick darüber bekommen, worauf es denn ankommt sozusagen. Das heißt aber für mich im ersten Schritt, klar, ihr ermöglicht jetzt mit dem Volvo EX90 erstmalig, dass man das nutzen kann, aber ihr seid jetzt von diesen ganzen Randbedingungen abhängig. Regularien mal noch außen vor, die wir auch gleich noch mal kurz vielleicht ansprechen können. Das heißt aber, wenn wir dieses zum Stromnetz entlasten nutzen wollen, um dann eben auch über diese Kurzzeitspeicheraktivität zu sprechen, müssen halt verschiedene Punkte ran.

Ihr habt jetzt den ersten Schritt sozusagen nach vorne getan, mit einem Fahrzeug, dass das umsetzen kann. Jetzt müsste eigentlich die ISO-Norm nachgezogen, nachgebessert werden, Einzug halten in die Wallboxen, egal jetzt ob AC oder DC, und dann muss diese Ladeinfrastruktur erst mal installiert werden. Das heißt, realistisch gesehen wird das ja noch drei bis fünf Jahre dauern, um das mal von der technischen Seite wahrscheinlich umzusetzen. Oder geht das schneller?

Lutz Stiegler

Erst mal, um es so zu sagen, wir sind davon abhängig… Also wir werden natürlich mit dem neuen Fahrzeug auch eine neue Wallbox mit herausbringen und in unseren Onlineshop und bei den Händlern zur Verfügung stellen. Und diese Wallbox wird das dann natürlich können, die wird dann bidirektional möglich sein. Das ist jetzt die erste Lösung, die wir mit anbieten. Wir gehen aber, wie zuvor besprochen, davon aus, dass nach und nach mehr Wallboxen diese ISO-Norm komplett implementiert haben und die dann auch entsprechend funktionieren werden.

Und wie vorhin gesagt gibt es auch diese DC-Wallboxen schon. Die sind eben nur im Moment noch recht teuer und die haben auch alle das Problem, dass die noch nicht komplett die ISO-Norm implementiert haben. Aber auch dort geht man davon aus, dass die nach und nach das tun werden. Aber ich rede da nicht in zwei, drei, vier Jahren. Das muss im nächsten Jahr passieren. Also die Fahrzeuge kommen und wir sind da nicht die Einzigen, die das machen werden, davon gehe ich aus. Also vielleicht auf der AC-Seite sind wir die Einzigen, auf der DC-Seite zumindest wird es mehr geben, die ihre Fahrzeuge öffnen, weil es eben relativ leicht möglich ist aus Sicht des Fahrzeugs. Und deswegen gehe ich davon aus, dass es auch andere machen werden.

Sebastian

Das heißt, die größere Herausforderung ist tatsächlich, das AC-bidirektionale Laden zu ermöglichen und nicht das DC-Laden?

Lutz Stiegler

Ja, genau. Aus Sicht des Fahrzeugs sowieso, weil für das DC-Laden muss das Fahrzeug außer Kommunikation nichts machen. Das AC-Laden hat einen Vorteil und einen Nachteil. Der Vorteil ist die Kostensituation, weil man eben im Prinzip mit dem arbeitet, was im Auto ohnehin drin ist, und die Wallbox nicht besonders technisch versiert sein muss. Der Nachteil ist, dass damit einige regulatorische Dinge kommen. Über die können wir ja noch reden, was das bedeutet. Und da ist ja Deutschland doch immer gut für Regulatorik. Hier in Schweden sieht das etwas einfacher aus, aber in Deutschland ist es nicht ganz so einfach. Auf der Zertifizierungsseite sind da höhere Hürden gesetzt für die AC-Implementierung.

Denn wenn man das über DC macht, dann stellt das Auto nur die Energie bereit, aber die Einspeisestelle ist immer die gleiche. Es ist immer die DC-Wallbox, die da irgendwo installiert ist. In unserem Fall fährt die Einspeisestelle quasi herum und das ist erst mal etwas ungewöhnlich für den Regulator, für die Legislation. Deswegen müssen da bestimmte Bedingungen vorhanden sein. Es könnte also durchaus sein, dass am Anfang es erst mal nur zu Hause geht, weil man eben dem Energienetzbetreiber sagen muss, Achtung, zu Hause gibt es jetzt eine vergrößerte Batterie und nicht woanders, wo es technisch auch ginge.

Sebastian

Da sind wir jetzt direkt bei dieser Regulatorik, die Sie ja auch schon erwähnt hatten, die ich vorhin schon mal angesprochen habe. Da stehen wir uns vielleicht wieder ein Stück weit selbst im Weg oder denken das Ganze dann auch wieder zu kompliziert. Es wäre ja schön, wenn wir erst mal diesen Aufschlag nehmen, um dann auch zu testen, okay, funktioniert es, bekommen wir das abgebildet im Netz. Und dann kann man ja Schritt für Schritt weitergehen. Das ist auch die Rückmeldung, die wir bisher in anderen Gesprächen bekommen haben. Gegenwärtig ist die Regulatorik der beschränkende Faktor. Vielleicht können Sie das ein Stück weit ausführen. Und, ob Sie da auch so optimistisch sind, dass wir innerhalb des nächsten Jahres dafür die Grundlage gelegt bekommen. Weil da würde ich jetzt fast auch mal nein dazu sagen.

Lutz Stiegler

Ich befürchte, da haben Sie recht. Aber das wird von Markt zu Markt etwas unterschiedlich sein. Hier in den Nordics, in Schweden, in Norwegen, in Dänemark, wird das relativ zügig funktionieren, weil hier manche Randbedingungen dafür auch schon vorhanden sind. In Deutschland jetzt ganz konkret wird das eventuell nicht ganz so schnell gehen, weil es auch an Randbedingungen fehlt. Weil einer, der hat [unverständlich 00:15:49] Randbedingungen und bidirektional einspeisen zu können, ist ein entsprechender Zähler. Also der Hausanschluss muss diese Eigenschaft haben und dieses Smart-Meter-Rollout, das ist ja heiß diskutiert seit langer Zeit, aber doch schwierig im aktuellen Geschehen.

Es geht ja nicht so schnell, wie man das wollte. Und das ist etwa eine Bedingung, die man haben muss. Wenn man einspeisen möchte, dann muss der Zähler das auch können. Die Betreiber der Anschlussstelle, die müssen dem zustimmen und die haben Randbedingungen zu erfüllen und die geben auch Randbedingungen vor, zum Beispiel wie sich das Fahrzeug dann verhalten soll, wenn die Netzfrequenz plötzlich abfällt. Das ist so eine typische Geschichte, weil über die Netzfrequenz wird ja heute das Netz stabil gehalten und da werden halt Eigenschaften definiert, die dann auch ein Auto erfüllen muss. Das machen heute alle Solaranwärter ja auch, aber für die Autos ist das halt neu und noch nicht so gesetzlich geregelt.

Da sind wir aber… Darf ich vielleicht zurückkommen auf eine Frage, die Sie am Anfang gestellt haben. Was ist denn ein anderer Nutzen des Ganzen? Und diese Netzfrequenzstabilisierung ist ein ganz spezifischer Nutzen. Weil die Autos eben eine sehr große Leistung und die auch sehr kurz bereitstellen können, ist das eigentlich das ideale Instrument, mit dem man diese sehr kurze, also auf einem sehr kurzen Maßstab, Frequenzstabilisierung im Netz zur Verfügung stellen kann. Deswegen ist es auch so interessant. Deswegen wird das auch ziemlich sicher kommen.

Sebastian

Weil eben der Druck auch vom Markt dann schlussendlich da ist, gerade mit Aufbau erneuerbarer Energie, Elektroautos, Wachstum der E-Mobilität, um das Netz dann eben auch stabil zu halten.

Lutz Stiegler

Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat ja auch zur Konsequenz, dass viele herkömmliche Kraftwerke stillgelegt werden und nicht mehr direkt am Netz sind. Und diese alten Kraftwerke, die hatten die schöne Eigenschaft, dass sie sehr große Generatoren hatten. Und die sehr großen Generatoren hatten eine große Drehträgheit und diese Drehträgheit hat eigentlich dafür gesorgt, dass auf einem ganz kurzen Zeitmaßstab das Netz relativ stabil geblieben ist. Die Generatoren sind so groß, die können sich nicht schnell in der Drehzahl verändern, was immer im Netz passiert. Und das hat dafür gesorgt, oder das sorgt heute noch dafür, dass das Netz stabil bleibt im sehr kurzen Zeitmaßstab.

Wenn aber immer mehr solche großen Maschinen herausgehen aus dem Netz, dann brauchen wir andere Speichermedien, die das erfüllen. Und da sind die Autos gut geeignet, weil die ähnlich schnell eine ähnlich große Leistung bereitstellen können.

Sebastian

Schöner Vorteil, den da die E-Autos dann, auch erstmals euer Volvo EX90, mitbringt, auch, wenn dann da schon eine Wallbox direkt mit zur Verfügung steht. Eine Frage noch. Sie haben jetzt ja auch schon erwähnt, dass in den Nordics das Ganze ein Stück weit einfacher ist, ein Stück weit vorangeschritten. Wird das da schon gelebt? Gibt es schon so Best-Practice-Beispiele, wie bidirektionales Laden im Alltag eingesetzt wird? Oder ist man dort einfach nur von den Rahmenbedingungen schon ein paar Schritte weiter, dass es dort schneller voranschreiten kann?

Lutz Stiegler

Nein, es gibt hier Pilotprojekte. Die gibt es aber auch in Deutschland. Das ist mir durchaus bekannt, dass es die auch in Deutschland gibt. Aber hier ist die Implementierung sehr viel einfacher und die Art und Weise, wie man das Ganze zusammenbringt, den Verbraucher oder den Prosumer, den Fahrzeugführer von dem E-Fahrzeug, und den Energienetzbetreiber, der eben daran interessiert ist, auf diese Energiequelle zugreifen zu können. Das ist hier weiter ausgeprägt über die Art und Weise, wie die Beziehung ist zwischen dem Kunden und dem Netzbetreiber.

Es gibt ja hier zum Beispiel, und in einigen anderen europäischen Ländern auch, diese zeitvariablen Stromtarife. Die es schon automatisch inzentivieren, sein Auto halt an der richtigen Stelle zur richtigen Zeit zu laden oder dann eben in Zukunft auch zu entladen. Sodass also hier diese Mechanismen schon etwas besser etabliert sind, als das in Deutschland der Fall ist.

Sebastian

Ja, stimmt. Gerade diese Intensivierung, wie Sie es gesagt haben, die könnte auch noch mal ein Anreiz sein, um das Ganze zu steigern. Jetzt vielleicht zum Abschluss des Gesprächs noch eine Frage dazu. Es hört sich ja immer so an oder wenn es um das Schnellladen von Akkus geht, heißt es immer, okay, nur bis 80 Prozent laden, möglichst immer langsam, um den Akku zu schonen. Jetzt haben wir ja dann den Akku gefühlt ständig, stetig in Bereitschaft, im Einsatz, wenn es um dieses bidirektionale Laden geht. Wie wirkt sich das auf die Lebensdauer und auch die Leistungsfähigkeit des Akkus aus? Oder geschieht das in so einem geringen Maß, in Anführungsstrichen, dass es der Batterie gar nicht schadet?

Lutz Stiegler

Ja, Letzteres. Wir haben das ganze ja von vornherein mit einbezogen in die Auslegung der Batterie und da mit sozusagen rein engineert. Aber grundsätzlich sind da zwei Sachen zu bedenken. Das erste ist, dass die Leistungen, die da bewegt werden, wenn wir über diese Netzstabilisierung reden, das ist ja begrenzt in unserem Fall in etwa mit 10, 11 kW. Das ist natürlich wenig gegenüber dem normalen Einsatz des Akkus. Also für den ist das, sagen wir mal, erhöhter Leerlauf. Das ist die eine Tatsache. Und die andere Tatsache ist, die Batterien altern nicht nur durch Laden und Entladen, sondern Batterien altern sehr stark kalendarisch. Das heißt, einfach über Zeit.

Und im Wesentlichen über Zeit und Temperatur. Und beim Auto ist das so, dass für mehr als 90 Prozent aller Kunden diese kalendarische Alterung die bestimmende ist. Das heißt, wenn dann irgendwann nach 10 bis 15 Jahren die Batterie mal ausgetauscht werden muss, dann sind es eben die 10 bis 15 Jahre, die das zum größten Teil gemacht haben und nicht der Energiedurchsatz während der Zeit. Und genau dafür ist es eben hervorragend, dass man die Fahrzeuge eben auch zu anderen Zwecken heranzieht, eben zur Unterstützung des Netzes, weil damit kann man halt diese Batterien sehr viel besser ausnutzen.

Das ist auch aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten eine gute Sache, dass man die Batterie eben nicht sich kaputt stehen lässt, sondern dass man sie eben auch wenn das Fahrzeug steht, was die ja statistisch sehr oft machen, dass man da das Fahrzeug eben nutzt. Auch deswegen ist es sehr gut. Und was man vielleicht auch noch sagen muss, wir haben ja beim EX90 einen 110 Kilowattstunden-Akku im Auto. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir 110 Kilowattstunden zur Verfügung stellen im Normalbetrieb zur Stabilisierung des Netzes, sondern es sind nur in etwa 10 Prozent. Innerhalb des Spannungsfensters der Batterie wird das so platziert, dass da genug Luft nach oben und nach unten ist, dass man da nicht in solche Bereiche kommt, die eine schnellere Alterung der Batterie bewirken würden. Dafür wird aktiv Sorge getragen, natürlich.

Sebastian

Ja, ich denke, das ist auch vernünftig, dass man diese Regelung bei euch auf der Seite übernimmt, wo die Expertise für die Batterie vorhanden ist und, dass man da nicht dem übereifrigen Nutzer dann freie Hand lässt, sozusagen, der das dann halt entsprechend da austariert.

Lutz Stiegler

Das wird durch das Batteriemanagementsystem genauso behandelt, wie alle anderen Fahrzustände. Und es ist ein besonderer Use Case dann und der wird aus Sicherheit- und Lebensdauersicht genauso behandelt wie alles andere auch. Da braucht man sich gar keine Sorgen zu machen.

Sebastian

Das hört sich doch gut an. Dann haben wir doch heute einiges über bidirektionales Laden gelernt, Herr Stiegler, auch über den EX90 in dem Zusammenhang, auf den wir natürlich gespannt sind, wo wir dann auch mal selbst testen können, hoffentlich, um dann zu sehen, wie es in der Praxis funktioniert. Vielen Dank für Ihre Zeit, für die Einblicke.

Lutz Stiegler

Ja, vielen Dank.

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