
Stimmungsbild: Was Tesla-Fahrern derzeit widerfährt
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Der Glanz von Tesla verblasst. Lange galt das US-Unternehmen als das Symbol für die Mobilität der Zukunft – schnell, effizient, elektrisch. Doch in jüngster Zeit häufen sich die kritischen Stimmen. Die Absatzzahlen stagnieren, die Konkurrenz holt technologisch auf, und CEO Elon Musk sorgt mit fragwürdigen politischen Aussagen und umstrittene Eskapaden für Irritationen.
Doch wie nehmen das eigentlich die Menschen wahr, die mitunter seit Jahren täglich einen Tesla fahren? Die sich einen Tesla gekauft haben, weil sie das Auto schätzen, und denen es egal ist, wer letztendlich die Firma führt? Genau das wollten wir wissen – und haben über unseren Newsletter ein Meinungsbild eingeholt. Mehr als 100 Tesla-Fahrer:innen haben innerhalb weniger Stunden an der Umfrage teilgenommen und ihre Eindrücke, Gedanken und Sorgen geschildert. Drei Fragen haben wir gestellt und wollen hier die Antworten der Tesla-Fahrer:innen für sich sprechen lassen. Zuvor ein kurzer Überblick.
So viel sei bereits vorab verraten, die Ergebnisse zeigen ein ebenso differenziertes wie auch klares Bild: Zwischen Loyalität zum Produkt und Frust über die Marke spannt sich ein breites Meinungsspektrum auf.
Tesla-Stimmungsbild – Die Zahlen zur Umfrage
Teilnehmer:innen: 107 Tesla-Fahrer:innen aus dem deutschsprachigen Raum
Gefahrene Tesla-Modelle in der Umfrage:
Tesla Model Y: 37 Personen (45,7 Prozent)
Tesla Model 3: 34 Personen (42,0 Prozent)
Tesla Model S: 7 Personen (8,6 Prozent)
Tesla Model X: 3 Personen (3,7 Prozent)
Beeinflusst Elon Musks Verhalten dein Verhältnis zu deinem Auto?
Ja: 50 Personen (47 Prozent)
Nein: 57 Personen (53 Prozent)
Fährst du deinen Tesla noch mit gutem Gefühl?
Ja: 65 Personen (61 Prozent)
Nein: 42 Personen (39 Prozent)
Musst du dich für den Besitz eines Tesla rechtfertigen?
Ja: 58 Personen (54 Prozent)
Nein: 49 Personen (46 Prozent)
Lasst uns nun gemeinsam tiefer eintauchen und mehr direkt von betroffenen Tesla-Fahrer:innen erfahren.
Beeinflusst Elon Musks Verhalten oder Haltung dein Verhältnis zu deinem Auto?
Kaum ein CEO prägt seine Marke so stark wie Elon Musk. Doch diese Nähe hat ihren Preis – vor allem, wenn die öffentliche Figur zum Polarisierer wird. Fast 47 Prozent der befragten Tesla-Fahrer:innen geben an, dass Musks Auftreten ihr Verhältnis zum eigenen Auto negativ beeinflusst. Nur geringfügig mehr, 53 Prozent, sehen keinen Einfluss – zumindest nicht bewusst. Doch die qualitativen Rückmeldungen zeigen, wie vielschichtig und emotional diese Frage tatsächlich ist.
Einige ziehen klare Grenzen. Stefan R., 57 (Tesla Model 3) bringt es drastisch auf den Punkt: „War untragbar. Kann kein Auto von einem Rechtspopulisten mehr fahren.“ Für ihn sei der Bruch mit Tesla nicht technischer, sondern politisch-moralischer Natur. Andere blicken eher ernüchtert zurück. Johannes F., 57 (Tesla Model 3) beschreibt seine damalige Motivation zum Kauf so: „Zum Zeitpunkt meines Kaufes vor sechs Jahren hatte Tesla ja einen sehr guten Ruf und alle waren dort normal, zukunftsorientiert und umweltbewusst.“ Zwischen den Zeilen steht eine große Enttäuschung. Nicht über das Produkt, sondern darüber, wofür die Marke heute (nicht mehr) steht.
Diese Entfremdung ist oft diffus, aber präsent. Leo F., 70 (Tesla Model Y) beschreibt: „Es ist schon ein Unbehagen dabei.“ Und er geht noch weiter: „Aber es schmerzt der Wertverlust, den man in Kauf nehmen muss.“ Die Krise rund um das öffentliche Bild Teslas hat längst auch ökonomische Folgen – denn der Markt bewertet mehr als nur Antrieb und Reichweite. Auch im Gebrauchtwagenbereich.
Gleichzeitig zeigen andere Stimmen, dass es auch möglich ist, Elon Musk von der Technik zu trennen. Norbert S., 68 (Tesla Model 3) meint nüchtern: „Das Auto ist eine Maschine und ändert sich nicht, egal was Mr. Musk sagt oder denkt.“ Andreas W., 67 (Tesla Model 3) betont die aus seiner Sicht objektive Überlegenheit von Tesla: „Fahrzeug und Infrastruktur ist derzeit mit keinem anderen Anbieter vergleichbar.“
Und Frank T., 50 (Tesla Model 3) formuliert es so: „Es ist trotzdem das beste Auto, das ich je hatte.“ Die Meinungen zeigen: Zwischen kompletter Abwendung und bewusster Trennung von Person und Produkt verläuft ein schmaler Grat. Was für die einen ein untragbarer Widerspruch ist, können andere gut ausblenden – zumindest so lange das Auto überzeugt.
Fährst du deinen Tesla noch mit gutem Gefühl?
Diese Frage zielt auf das emotionale Bauchgefühl im Alltag – unabhängig von politischen Haltungen oder Imagefragen. Die Mehrheit, rund 61 Prozent, sagt: Ja, sie fahren ihren Tesla weiterhin mit gutem Gefühl. Doch 39 Prozent verneinen das – mehr als jede:r Dritte also verspürt ein gewisses Unwohlsein.
Für einige ist die Trennung zwischen Produkt und Marke weiterhin möglich – und notwendig. Andreas W., 67 (Tesla Model 3) bringt es nüchtern auf den Punkt: „Es ist ein Fahrzeug wie jedes andere auch. Es ist zweckmäßig und sicher. Warum soll ich ein schlechtes Gefühl haben?“ Diese Haltung spiegelt sich auch in der Alltagstauglichkeit der Autos wider – viele Fahrer:innen loben Fahrverhalten, Software-Updates und Ladeinfrastruktur nach wie vor.
Und doch bleibt etwas haften. Friedrich N., 67 (Tesla Model Y) schreibt: „Ich bin mit dem Wagen nach wie vor sehr zufrieden, habe aber etwas Sorgen wegen möglichem Vandalismus.“ Ein Statement, das deutlich macht: Auch wer das Produkt schätzt, spürt die gesellschaftliche Debatte im Alltag – etwa auf dem Parkplatz, bei Gesprächen mit Nachbarn oder auf Dienstreisen.
Andere bleiben unerschütterlich. Michael I., 56 (Tesla Model Y) etwa sagt selbstbewusst: „Bin überzeugter Tesla-Fahrer und würde nie ein E-Auto einer anderen Marke kaufen!“ Für ihn überwiegt das Produkt. Musk spielt in seiner Wahrnehmung offenbar keine Rolle – oder zumindest keine, die seinen Fahrspaß schmälert.
Diese Bandbreite an Gefühlen – von Stolz über Sorge bis hin zu Gleichgültigkeit – zeigt, wie unterschiedlich das “gute Gefühl” tatsächlich gewichtet wird. Und wie stark es vom jeweiligen Umfeld abhängt.
Hast du das Gefühl, dich für den Besitz eines Tesla rechtfertigen zu müssen?
Vielleicht ist es die emotionalste aller Fragen – denn sie berührt nicht nur das Verhältnis zum eigenen Auto, sondern auch zur Umwelt, zum Freundeskreis, zur Familie, zu Kolleg:innen. Während technische Vor- und Nachteile meist sachlich diskutiert werden können, geht es hier um die eigene Identität, um das Bild, das andere von einem haben. Und genau das scheint sich bei Tesla zunehmend zu wandeln.
Mehr als die Hälfte der befragten Fahrer:innen – konkret 54 Prozent – gab an, sich in irgendeiner Form für ihren Tesla rechtfertigen zu müssen. Ein Wert, der uns überrascht, aber zugleich verdeutlicht, wie sehr sich die Wahrnehmung der Marke verändert hat. Früher war ein Tesla ein Symbol für Fortschritt, Klimabewusstsein und technische Raffinesse. Heute wird das Auto häufig mit seinem prominentesten Repräsentanten gleichgesetzt – und damit mit politischen Haltungen, Polarisierung und öffentlichem Gegenwind.
Dabei ist es nicht immer eine direkte Konfrontation, die diesen Rechtfertigungsdruck auslöst. Viel häufiger ist es ein subtiles Gefühl: der skeptische Blick an der Ladesäule, der unausgesprochene Kommentar auf dem Parkplatz, die ironische Bemerkung beim Abendessen. Carsten W., 58 (Tesla Model 3) bringt dieses diffuse Empfinden auf den Punkt: „Eigentlich nicht, aber man erwischt sich dabei, trotzdem rechtfertigen zu wollen.“ Es ist eine innere Unruhe, die nicht durch Anschuldigungen entsteht, sondern durch das ständige Bewusstsein, Teil einer Marke zu sein, die zunehmend als kontrovers gilt.
Andere Teilnehmende versuchen, das Ganze in Relation zu setzen. Albrecht S., 74 (Tesla Model 3) etwa sagt: „Ansonsten müssten sich z. B. auch alle VW-Fahrer rechtfertigen.“ Er spielt damit auf die Altlasten der Autoindustrie an – etwa den Dieselskandal –, die ebenfalls moralisch aufgeladen waren. Für ihn ist klar: Kein Hersteller ist makellos. Warum also diese besondere Schärfe gegenüber Tesla?
Tesla: Vom E-Auto zum politischen Statement?
Doch genau diese Schärfe scheint sich längst im Alltag vieler Fahrer:innen bemerkbar zu machen. Ein Tesla ist nicht mehr nur Fortbewegungsmittel, sondern Projektionsfläche. Für die einen steht er nach wie vor für technischen Fortschritt und nachhaltige Mobilität – für andere ist er Symbol einer zunehmend radikal auftretenden Unternehmerfigur.
Diese Polarisierung geschieht oft leise, aber konstant. Ob im Gespräch mit Nachbarn, bei beruflichen Terminen oder in der eigenen Familie – ein Tesla wird gesehen, bewertet, kommentiert, nicht selten unaufgefordert. Aus einem Auto ist ein Gesprächsanlass geworden, aus einer Kaufentscheidung eine Haltung.
Viele der Befragten berichten, dass sie sich zwischen Erklärungsnot, innerer Distanzierung und bewusster Abgrenzung bewegen. Sie versuchen, das Auto vom CEO zu trennen – oder beobachten mit wachsendem Unbehagen, wie sehr beides miteinander verschwimmt. Und obwohl der Wunsch nach technischer Innovation und echter Nachhaltigkeit geblieben ist, hat sich der Diskurs drumherum verändert.
Wer heute einen Tesla fährt, steht also nicht mehr automatisch für Fortschritt. Sondern zunehmend im Mittelpunkt einer gesellschaftlichen Debatte – ob gewollt oder nicht. Sich dem komplett zu entziehen, scheint schwierig bis unmöglich.
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