
BMW-Chef Zipse: „Wir schalten jetzt in den Sport-Modus“
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Auf der 105. ordentlichen Hauptversammlung der BMW AG präsentierte Vorstandsvorsitzender Oliver Zipse in der Münchner Olympiahalle nicht nur eine Bilanz des vergangenen Geschäftsjahres, sondern vor allem den strategischen Ausblick für das Unternehmen. Dabei machte Zipse klar: In einem sich rapide wandelnden Umfeld bleibt BMW handlungsfähig, technologieoffen und investitionsfreudig – und will in den kommenden Jahren gezielt wachsen. „Unser Leben wird immer digitaler“, eröffnete Zipse seine Rede. „Doch der Mensch ist nicht digital. Wir alle wollen uns auch persönlich austauschen.“ Das Treffen in der Olympiahalle sei deshalb mehr als ein Pflichttermin.
Im Rückblick auf das Geschäftsjahr 2024 betonte Zipse die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens. Zwar habe es im Jahresverlauf unerwartete Rückschläge gegeben – etwa Rückrufe und Auslieferungssperren durch Zulieferprobleme sowie eine gedämpfte Nachfrage nach E-Autos in einzelnen Märkten. Doch BMW habe schnell reagiert, die Prognose angepasst und die neuen Ziele erreicht. „Über 2,45 Millionen ausgelieferte Automobile. Die EBT-Marge im Konzern lag bei 7,7 Prozent.“
Besonders hob Zipse das Wachstum der Elektromobilität hervor: „Schon mehr als 15 vollelektrische Modelle sind auf dem Markt. Das hatte ich Ihnen im letzten Jahr zugesichert.“ Im ersten Quartal 2025 sei der Absatz vollelektrischer BMW-Modelle (BEVs) weltweit um über 30 Prozent gestiegen – in Europa sogar um über 60 Prozent. Der Anteil vollelektrischer Autos am Gesamtabsatz lag zum Jahresende 2024 bei über 17 Prozent. „Diesen positiven Trend konnten wir 2025 weiter beschleunigen.“
Technologieoffenheit als strategischer Vorteil
BMW halte unbeirrt an seiner technologieoffenen Strategie fest – und sieht sich darin zunehmend bestätigt, sowohl durch die Entwicklung auf den Märkten als auch durch politische Kurskorrekturen. „Andere Hersteller rudern zurück oder justieren ihre Strategie. Wir liegen goldrichtig“, so Oliver Zipse mit Blick auf jüngste Entscheidungen der Konkurrenz, reine Elektromobilitätspläne abzuschwächen oder Hybridlösungen wieder stärker zu forcieren. In einer Branche, die sich lange auf batterieelektrische Antriebe als alleinigen Heilsbringer konzentriert habe, wirke die Strategie der Münchner heute umso konsequenter.
Diese Haltung findet inzwischen auch mediale Anerkennung. Zipse verwies auf verschiedene Schlagzeilen renommierter Publikationen, die die jüngsten Erfolge des Konzerns würdigen. So bezeichnete Die Welt BMW als den „wahren deutschen Elektro-Champion“, während Wirtschaftswoche und auto motor sport von einer Wandlung „vom Zauderer zum Zauberer“ sprachen – ein deutlicher Imagewechsel, den der Konzern durch Marktperformance, technologische Breite und langfristige Planung untermauert habe.
Konkret setzt BMW auf ein breites Produktportfolio, das verschiedene Antriebstechnologien abdeckt: Neben rein elektrischen Modellen (BEVs) spielen Plug-in-Hybride und hocheffiziente Verbrenner eine zentrale Rolle – ergänzt ab dem Jahr 2028 durch ein Serienmodell mit Wasserstoffantrieb. Diese Vielfalt sei, so Zipse, kein Kompromiss, sondern eine bewusste Antwort auf globale Marktunterschiede und Kundenbedürfnisse. „Diese Breite beherrscht niemand besser als Ihr Unternehmen“, erklärte er mit Nachdruck.
Dass dieser Weg nicht nur wirtschaftlich, sondern auch klimapolitisch tragfähig ist, belegt die aktuelle CO₂-Bilanz. Im Jahr 2024 unterschritt BMW das EU-Flottenziel um mehr als 30 Gramm CO₂ pro Kilometer – ein seltener Erfolg in der Branche. Nach internen Berechnungen lag der Durchschnitt bei 99,5 g/km. „Das muss man erst mal schaffen“, so Zipse. Er kündigte an, dass auch die für 2025 weiter verschärften EU-Grenzwerte eingehalten werden sollen. Der Konzern sehe sich gut vorbereitet.
Damit positioniert sich BMW als technologisch vielfältiger Anbieter, der sowohl regulatorische Anforderungen erfüllt als auch weltweit differenzierte Kundenbedürfnisse bedient – vom städtischen Pendler in Brüssel über den SUV-Fahrer in den USA bis hin zum technologieaffinen Autokäufer in China. Der technologische Wettlauf der Industrie sei kein linearer Weg, sondern ein „Ausscheidungsrennen“, bei dem Flexibilität, Investitionskraft und Weitsicht entscheidend seien. BMW sieht sich dafür gerüstet.
China: Chancenmarkt und technologische Speerspitze
Zwar habe sich der Absatz in China im Jahr 2024 rückläufig entwickelt, doch Oliver Zipse machte deutlich, dass BMW weiter konsequent auf den Markt setze – nicht nur mit Blick auf das Absatzvolumen, sondern vor allem strategisch. „China ist unser absatzstärkster Einzelmarkt für E-Modelle“, betonte der BMW-Chef. Über 100.000 vollelektrische Fahrzeuge habe man dort im vergangenen Jahr abgesetzt. Die Position im Land sei langfristig gefestigt – mit einer starken Produktionsbasis in Shenyang, einem wachstumsorientierten F&E-Netzwerk und einem eigenen Designzentrum in Shanghai. Insbesondere in den Bereichen Digitalisierung und künstliche Intelligenz baue BMW seine Zusammenarbeit mit führenden chinesischen Technologiekonzernen weiter aus. Zipse nannte hier Partnerschaften mit Alibaba und DeepSeek, die künftig eine neue Qualität der Sprachinteraktion und KI-Integration in BMW-Modellen ermöglichen sollen.
„In China für China – so lautet unsere Strategie“, sagte Zipse mehrfach mit Nachdruck. Auch die Neue Klasse werde integraler Bestandteil dieser Strategie. Ab 2026 soll sie in Shenyang vom Band laufen – angepasst an die spezifischen Anforderungen und Vorlieben chinesischer Kundinnen und Kunden. So sei der kommende iX3 etwa explizit für den chinesischen Markt konzipiert worden. Parallel dazu konsolidiere BMW sein Händlernetz vor Ort, um gezielter auf veränderte Marktbedingungen reagieren und die Weichen für künftiges Wachstum stellen zu können.
Dass die Neue Klasse nicht nur ein Versprechen für morgen, sondern ein konkretes Projekt der Gegenwart ist, zeigte Zipse schließlich mit einem der Höhepunkte der Hauptversammlung: der Vorstellung der ersten beiden Serienmodelle auf Basis der neuen Fahrzeugarchitektur – wenn auch noch getarnt. Die Neue Klasse markiere den technologischen Neustart der Marke, mit einem Baukasten, der Elektromobilität, Digitalisierung und Ressourceneffizienz auf ein neues Niveau hebe, gleichzeitig aber offen für verschiedene Antriebsformen bleibe. „Die Neue Klasse ist BMW – und BMW ist die Neue Klasse“, brachte es Zipse auf den Punkt.
Der erste Serienvertreter dieser neuen Ära wird der vollelektrische BMW iX3 sein, der ab Herbst 2025 im neu errichteten Werk im ungarischen Debrecen produziert wird – ein Werk, das eigens für die Anforderungen der Neuen Klasse entwickelt wurde. Wenige Monate später folgt ein weiteres Modell: eine sportliche Limousine im Segment des heutigen 3er BMW. Sie soll ab 2026 im traditionsreichen Stammwerk München vom Band laufen, das dafür derzeit grundlegend modernisiert wird. „Wir bauen das Werk komplett um – für modernste Industrieproduktion mitten in der Stadt“, sagte Zipse. Die offizielle Weltpremiere des iX3 ist für die IAA Mobility im Herbst 2025 in München geplant. Dort wird das Modell erstmals in seiner endgültigen Serienversion zu sehen sein – „ungetarnt, so wie er erhältlich sein wird“.
Absatz, Produktion und Investitionen weltweit ausgewogen
Ein zentrales Thema in Oliver Zipses Rede war die globale Aufstellung der BMW Group – ein Faktor, der sich laut dem Vorstandsvorsitzenden zunehmend als strategischer Wettbewerbsvorteil erweist. Der Konzern produziere nicht nur weltweit, sondern tue dies in enger Verbindung mit den jeweiligen Absatzmärkten. Im Jahr 2024 habe BMW in Europa rund eine Million Autos gebaut, in den USA knapp 400.000 und in China rund 700.000 – jeweils in etwa so viele, wie auch vor Ort verkauft wurden. „Absatz und Produktion sind bei uns ausgewogen verteilt. Das macht uns so schnell niemand nach“, betonte der BMW CEO. Diese Balance stärkt die Resilienz des Unternehmens gegenüber politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen.
Auch in Deutschland sei BMW eine treibende Kraft der Automobilindustrie: Über eine Million Autos habe man 2024 hierzulande produziert – ein Viertel der gesamten deutschen Autoproduktion. Mehr als die Hälfte dieser Fahrzeuge wurde außerhalb der EU verkauft. Besonders stark zeigt sich die BMW Group in den USA, wo das Werk Spartanburg seit Jahrzehnten eine Schlüsselrolle spielt. 2024 exportierte BMW von dort Fahrzeuge im Wert von über zehn Milliarden US-Dollar – zum wiederholten Mal mehr als jeder andere Automobilhersteller in den Vereinigten Staaten. „Damit ist BMW erneut der größte Automobil-Exporteur nach Wert in den USA“, erklärte er. Über die letzten zehn Jahre kumulierte sich dieser Exportwert sogar auf über 100 Milliarden US-Dollar. Diese Zahlen seien Ausdruck eines industriellen Tiefgangs, wie ihn kein anderer europäischer Hersteller in den USA vorweisen kann.
Gleichzeitig sieht sich BMW mit zunehmenden geopolitischen Spannungen konfrontiert. Zipse nahm insbesondere auf die seit Oktober 2024 geltenden zusätzlichen EU-Zölle auf in China produzierte Elektroautos Bezug – eine Maßnahme, von der auch BMW und MINI direkt betroffen sind. Der Konzern habe deshalb rechtliche Schritte eingeleitet und Klage gegen die EU eingereicht. „Wir lassen diese Antisubventionsmaßnahme gerichtlich überprüfen“, so Zipse. Dabei formulierte er eine klare wirtschaftspolitische Haltung: „Wachstum entsteht nicht durch Schließung. Wachstum gedeiht durch Öffnung. Punkt.“ Mit dieser Aussage positionierte sich der BMW-Chef deutlich gegen Abschottungstendenzen und warb für einen offenen, regelbasierten Welthandel als Grundlage für langfristigen Unternehmenserfolg.
Trotz dieser politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten blickt BMW mit Zuversicht auf das laufende Geschäftsjahr. Für 2025 strebt der Konzern ein leichtes Absatzwachstum an. Dabei setzt das Unternehmen auf ein starkes Produktportfolio, das in den kommenden Jahren weiter ausgebaut wird: Bis 2027 sollen über 40 neue oder überarbeitete Modelle auf den Markt gebracht werden – über alle Marken und Antriebsarten hinweg. Neben der Produktoffensive stellt BMW auch seine Vertriebsstrategie neu auf. So wurde das Agenturmodell bereits in 15 MINI-Märkten in Europa eingeführt, in den kommenden Jahren soll es auch für die Kernmarke BMW folgen. Der Umstellungsprozess erfolgt dabei im engen Schulterschluss mit den Handelspartnern. „Händler und unsere Niederlassungen bleiben wichtig – für unseren Vertriebserfolg und vor allem für das Markenerlebnis unserer Kundinnen und Kunden“, betonte Zipse.
Die aktuelle Ergebnisprognose für 2025 spiegelt sowohl Wachstumsambitionen als auch realistische Einschätzungen wider. Die Auswirkungen der bereits bekannten Zölle wurden in die Zahlen eingepreist. Für das Segment Automobile erwartet BMW eine EBIT-Marge zwischen fünf und sieben Prozent – etwa einen Prozentpunkt niedriger durch die Zolleffekte. Langfristig halte das Unternehmen jedoch am Zielkorridor von acht bis zehn Prozent fest. „Viele OEMs, nicht nur aus unserer Branche, wagen derzeit keine Prognose – wir schon“, sagte Zipse selbstbewusst. Man beobachtet die Entwicklungen aufmerksam und bereite sich auf verschiedene Szenarien vor – etwa im Hinblick auf mögliche Zollvereinbarungen mit den USA. Parallel dazu sollen die operativen Kosten im Laufe des Jahres nominal sinken, um die Profitabilität zu stabilisieren. BMW zeigt damit einmal mehr, dass unternehmerische Steuerung auch in einem unsicheren Umfeld möglich ist – mit Augenmaß, Flexibilität und klarem Kurs.
Quelle: BMW – Pressemitteilung
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