Kommentar: Neue E-Auto-Förderung hilft nicht den Richtigen
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Ein Kommentar von Sebastian Henßler
Die Bundesregierung hat ein neues Investitionssofortprogramm vorgelegt, das auch der Elektromobilität neuen Schwung verleihen soll. So zumindest die Hoffnung. In der Realität handelt es sich vor allem um ein Paket, das bestehende Strukturen zementiert – und den dringend nötigen Wandel im Privatmarkt weiter vertagt.
Die geplanten Maßnahmen lesen sich auf den ersten Blick ambitioniert: Eine degressive Sonderabschreibung mit einem Einstiegssatz von 75 Prozent für neu angeschaffte E-Autos in Unternehmen, eine Anhebung der Bruttolistenpreis-Grenze für die steuerlich begünstigte 0,25-Prozent-Regelung auf 100.000 Euro – und ab 2027 ein Sozialleasing für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Doch bei genauerem Hinsehen wird klar: Der Fokus liegt einseitig auf gewerblichen Käufern. Private Nutzer:innen, die heute bereit wären, ein Elektroauto zu kaufen oder zu leasen, bleiben außen vor.
Förderung für Firmen-SUVs, aber nicht für Familien?
Die Anhebung der Preisgrenze bei der Dienstwagenbesteuerung führt dazu, dass künftig auch teure Fahrzeuge von der Steuervergünstigung profitieren – meist großformatige SUV und Crossover-SUV, denn genau in diesem Segment sind E-Dienstwagen mit Preisen jenseits der bisherigen 70.000-Euro-Grenze angesiedelt. Das sendet ein fatales Signal: Die Förderpolitik unterstützt Autos, die schwerer, breiter und ressourcenintensiver sind. In Städten nehmen diese Modelle unnötig viel Raum ein – sowohl auf der Straße als auch beim Parken. Ihre CO2-Bilanz mag lokal null sein, ihre Umweltwirkung ist es nicht.
Hinzu kommt: Diese E-Autos landen nach zwei, drei Jahren auf dem Gebrauchtwagenmarkt – allerdings mit weiterhin hohen Preisen. Der Markt für gebrauchte E-Autos ist derzeit aber kaum planbar. Händler berichten von großen Unsicherheiten: Zu welchem Preis kann man solche Fahrzeuge in einigen Jahren verkaufen? Wie entwickelt sich die Nachfrage? Und wie bewerten Endkundinnen und Endkunden gebrauchte E-Autos, wenn schon Neuwagen mit Skepsis betrachtet werden?
Privatmarkt wird vernachlässigt
Statt hier steuerlich gegenzusteuern und Vertrauen aufzubauen, lässt die Politik eine zentrale Zielgruppe außen vor: Privatpersonen, die sich für E-Mobilität interessieren, aber keine Firmenwagenfahrer sind. Die angekündigte Einführung eines Sozialleasings ist ein Schritt in die richtige Richtung – aber er kommt zu spät. Frühestens 2027 soll das Modell starten, finanziert aus dem europäischen Klima-Sozialfonds. Bis dahin bleibt der Einstieg in die Elektromobilität für viele Haushalte weiterhin zu teuer oder zu kompliziert.
Das eigentliche Problem: Es fehlt eine durchdachte, langfristige Strategie. Statt ein umfassendes Förderumfeld zu schaffen, das Menschen Orientierung gibt, wird in kurzen Intervallen an Einzelmaßnahmen geschraubt. Mal fällt die Kaufprämie ersatzlos weg, dann wird über neue steuerliche Instrumente gesprochen, deren Wirkung auf den Massenmarkt fraglich ist. Diese Kurzfristigkeit verunsichert – und sorgt für Zurückhaltung statt Investitionsfreude.
Transparenz statt Prämienflut
Dabei gäbe es durchaus wirksame Hebel: Eine zielgerichtete Förderung günstiger E-Autos, die direkte Entlastung bei Stromkosten – etwa durch die überfällige Absenkung der Stromsteuer – und ein transparentes, verständliches Roaming-System beim öffentlichen Laden. Wer heute mit einem E-Auto unterwegs ist, weiß: Die Preismodelle an Ladesäulen sind oft intransparent und uneinheitlich. Genau das schreckt ab – und hemmt den Umstieg.
Gleichzeitig müsste die Politik viel stärker auf die tatsächlichen Gesamtkosten eines E-Autos hinweisen: Strom versus Kraftstoff, geringere Wartungskosten, Einsparungen bei der Kfz-Steuer – all das spricht für die E-Mobilität. Doch ohne klare Kommunikation bleibt dieses Argument abstrakt. Wer die Total Cost of Ownership nicht erklärt, wird den Markt nicht überzeugen.
Frankreich macht’s vor – auch beim Malus
Wenn sich die Bundesregierung schon am französischen Sozialleasing orientiert – warum nicht auch an der dortigen Umweltsteuer für besonders klimaschädliche Verbrenner? Der sogenannte malus écologique legt für emissionsstarke Benziner und Diesel eine einmalige Abgabe fest, gestaffelt nach CO2-Ausstoß. Gleichzeitig werden Hybrid- und Elektroautos entlastet. Das Prinzip: Wer mehr verschmutzt, zahlt mehr – wer emissionsarm fährt, wird belohnt. Sozial ausgewogen, transparent, nachvollziehbar.
Diese Kombination aus Anreiz und Lenkungswirkung fehlt in Deutschland. Der Markt wird sich nicht allein durch Dienstwagen-Privilegien oder steuerliche Abschreibungsmodelle bewegen lassen. Es braucht ein Gesamtpaket, das auch gesellschaftliche Verantwortung einfordert – und technologische Innovation belohnt.
Fazit: Die Richtung stimmt nicht
Statt einer echten Mobilitätswende erleben wir gerade eine Förderwende zugunsten derjenigen, die ohnehin vom System profitieren: Großunternehmen, Dienstwagenfahrer, Käufer von Luxus-SUVs. Der Rest soll warten – auf das Jahr 2027, auf Gebrauchtwagen, auf bessere Zeiten.
Doch der Umstieg auf E-Mobilität darf kein Geduldsspiel sein. Er muss jetzt beginnen – für alle.
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