
Mini- und Microenvironments in der Batteriezellproduktion: Akteure, Patente und Potenzial
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- Allgemein
Mini- und Microenvironments haben das Potenzial, die Herstellung von Batteriezellen, wie sie beispielsweise in Elektroautos zum Einsatz kommen, nachhaltiger zu machen. Nach wie vor sind diese Konzepte vorrangig ein Forschungsthema. Allerdings mehren sich auch bereits die industriellen Aktivitäten dazu, wobei viele der Akteure aus Deutschland und Europa stammen. Eine aktuelle Analyse von Patentaktivitäten und Akteuren, die am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI entstanden ist, zeigt die inhaltlichen und geographischen Hot-Spots dieser aufkommenden Technologie.
Die Herstellung von Batteriezellen erfordere eine präzise kontrollierte Produktionsumgebung, um eine gleichbleibend hohe Qualität und Leistungsfähigkeit sicherzustellen, so Claresta Rugerri und Dr. Christoph Neef in ihrem aktuellen Batterie-Update. Mini- und Microenvironments sehen die Einhausung von Produktionsanlagen vor und bieten hierbei den beiden Forschenden zufolge eine vielversprechende Lösung, da sie gezielt die Reinheit, Temperatur und Feuchtigkeit in einer lokalen Umgebung regeln und so ideale Bedingungen für sensible Prozessschritte schaffen. Dies könnte die bisher genutzten großen und energieintensiven Rein- und Trockenräume obsolet machen und den Energieverbrauch der Zellherstellung deutlich senken.
Der Technologiereifegrad (TRL) dieser Ansätze befinde sich derzeit vorwiegend im experimentellen bis pilotartigen Stadium, erste Anwendungen in der Industrie seien jedoch bereits sichtbar. Eine breitere Markteinführung wird zwischen 2025 und 2028 erwartet.
Wichtige Themen in der Forschung und Entwicklung umfassen demnach die energieeffiziente Klimatisierung, die Integration der Technologie in bestehende Produktionsanlagen sowie die Skalierbarkeit für die Massenfertigung. Die Industrie spiele eine entscheidende Rolle in der Weiterentwicklung dieser Technologien, da durch praxisnahe Implementierungen und Pilotprojekte wertvolle Erkenntnisse zur Marktreife gewonnen werden können. Erfahrungen aus der Halbleiterfertigung mit Mini-Environments könnten dabei als Grundlage für die Batteriezellfertigung dienen.
Industriestruktur und Akteure
Die Entwicklung von Mini- und Microenvironments sei bislang nicht durch eine bestimmte Industrie geprägt. Stattdessen könnten mehrere bestehende Industriezweige für die spätere Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung relevant sein. Dazu gehören Hersteller von Rein- und Trockenräumen, Gloveboxen, Trocknungstechnik und Automatisierungstechnik. Je nach Konzept der Umhausung, Trocknung und Integration in Produktionslinien können Mini- und Microenvironments als Schnittmengen dieser Industriezweige betrachtet werden.
Weltweit existiert eine Vielzahl von Unternehmen in den Bereichen Rein- und Trockenräume, Trocknungstechnik und Glovebox-Technologien, so das Batterie-Update des Fraunhofer ISI. Die Unternehmen sind global verteilt und finden sich vor allem in Industrieregionen wie den USA, Europa und Ostasien. Die Hersteller von Trocknungstechnik sind ebenfalls global verteilt, ohne dass ein besonders starker regionaler Fokus erkennbar wäre. Glovebox-Produzenten hingegen weisen eine größere Konzentration in China, den USA sowie in Europa auf, insbesondere in Deutschland und Frankreich.
Zwar gebe ein signifikanter Anteil der identifizierten Unternehmen an, dass ihre Produkte auch in der Batteriezellfertigung zum Einsatz kommen. Jedoch sei die konkrete Verknüpfung mit Großprojekten wie etwa Gigafabriken schwer nachzuvollziehen, da hierzu keine systematischen Daten vorliegen. Es sei demnach anzunehmen, dass nur wenige Unternehmen im Bereich der Trockenraumtechnik und -ausstattung tatsächlich in Gigafabriken eingebunden sind.
Einige Unternehmen erwähnen explizit das Konzept der Mini- und Microenvironments mit Bezug zur Batteriezellfertigung, wobei die Mehrheit dieser Akteure ihren Sitz in Deutschland hat. Ob diese Anbieter tatsächlich Technologien liefern, die mit den Anforderungen der Giga-Batteriezellfertigung kompatibel sind, ist bislang noch unklar.
Landkarte mit Akteuren aus den Bereichen Trocknungstechnik, Rein- und Trockenräume, Glovebox.
Landkarte mit Akteuren aus den Bereichen Trocknungstechnik, Rein- und Trockenräume, Glovebox. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit. / Fraunhofer ISI
Patentlandschaft und Schwerpunkte der Forschung und Entwicklung zu Mini- und Microenvironments
Die Technologie für Mini- und Microenvironments umfasst verschiedene Patentklassen, insbesondere in den Bereichen Trocknungstechnologie, Lüftungs- und Trocknungssteuerung sowie Logistik. Eine Analyse von Patentanmeldungen seit 2000 zeigt die Relevanz der folgenden CPC-Klassen:
B01D53: Verfahren zur Lufttrocknung, insbesondere mit Adsorbermaterialien.
F24F3: Klimaanlagen für Reinräume, speziell auch für die Luftkonditionierung in solchen Umgebungen.
H01M: Verfahren und Mittel zur direkten Energieumwandlung, z.B. Batterien und Brennstoffzellen.
Die Verknüpfung der Klassen B01D53, F24F3 und H01M ergebe nur wenige Patente, die vor allem die Luftkonditionierung von Brennstoffzellen und Batteriepacks für Elektroautos betreffen, jedoch keinen direkten Bezug zur Batteriezellfertigung haben.
Die Kombination der Klassen F24F3 und H01M zeige mehr als 110 Patentanmeldungen, von denen jedoch nur 21 die Batterieproduktion betreffen. Die meisten Anmeldungen stammen aus Korea, Japan und Deutschland, wobei die Anmeldungen koreanischer Unternehmen wie Hyundai und Kolon Industries hauptsächlich Brennstoffzellen betreffen. In Japan sind Honda, Nissan und Panasonic aktiv, während in Deutschland Hersteller und Zulieferer wie Daimler und Mann+Hummel eine wichtige Rolle spielen.
Die Verknüpfung von B01D53 und H01M umfasse mehr als 500 Patentanmeldungen zu Themen wie Trocknung von Batterien, Klimatisierung von Batteriepacks und Gasbarriere-Materialien. Hier dominieren chinesische Akteure wie CATL, gefolgt von Unternehmen aus Deutschland, Japan und Südkorea, darunter auch Bosch und Mann+Hummel.
Die Mehrheit der Patentanmeldungen in den genannten Klassen und Kombinationen betreffe keine Mini- und Microenvironment-Konzepte. Diese finden sich nur in einer kleinen Anzahl von Schlüsselpatenten. Insgesamt wurden vom Fraunhofer ISI 15 solcher Anmeldungen identifiziert, die Modularität und individuell klimatisierte Prozessräume betonen. Die Anmelder der Schlüsselpatente sind vor allem japanische und koreanische Unternehmen aus der Halbleiter- und Automobilindustrie (Hyundai, Toyota, Shinsung E&G, Kondoh Industries, EG Enc). Durch die deutschen Akteure Koerber Technologies und Fraunhofer seien auch Anmeldungen aus dem Kontext der Batterieproduktion vertreten.
Die Schlüsselpatente zu Mini- und Microenvironments lassen sich in folgende Schwerpunkte unterteilen:
Prozessraumbegrenzung zur Energieeinsparung und zum Materialschutz.
Luftfeuchtigkeitskontrolle zur Entfeuchtung der Produktionsumgebung.
Schadstoff- und Gasmanagement zur Filterung schädlicher Gase.
Luftzirkulationssysteme zur Vermeidung feuchter Luft.
Partikelkontrolle und Reinraumtechnologie für die Halbleiterproduktion.
Einige dieser Patente zielen auf die Batteriezellfertigung ab, die meisten Anmeldungen seien jedoch auf die Halbleiterproduktion ausgerichtet. Die frühesten Schlüsselpatente (ab 2007) konzentrieren sich auf grundlegende Entfeuchtungssysteme. Ab 2015 verschiebe sich der Fokus hin zu modularen Trockenräumen, der Separation von Prozessräumen, Schadstoffkontrolle sowie der Integration von Automatisierung und Sensorik zur Verbesserung der Energieeffizienz. Zusätzlich gebe es eine Anzahl von Patenten aus der Halbleiterfertigung, die sich mit Transporttechnologien und Schleusentechniken befassen.
Wissenschaftliche Publikationen zu Mini- und Microenvironments
Auch bei den wissenschaftlichen Publikationen spielt das Konzept der Mini- und Microenvironments eine Rolle. So konnten etwa 40 relevante Veröffentlichungen in Fachzeitschriften identifiziert werden. Die Mehrheit auch dieser Arbeiten bezieht sich auf die Halbleiterfertigung, während nur vier Studien Mini- und Microenvironments in der Batterieherstellung untersuchen. Die meisten Publikationen stammen von Industrieunternehmen wie Global Foundries und NEC sowie von Forschungseinrichtungen wie der Taipei University und der University of Seoul.
In den Publikationen wird der Begriff „Mini-environment“ unterschiedlich verwendet, z. B. als physikalisch abgetrennter Bereich (wie Transportboxen) oder aber als Luftvolumen um Objekte wie Wafer. Laut Publikationsrecherche gibt es das Forschungsfeld zu Mini- und Microenvironments seit etwa 30 Jahren. In der Halbleiterfertigung liegt der Fokus der wissenschaftlichen Arbeiten oft auf der räumlichen Verteilung von Verunreinigungen, insbesondere in automatisierten Transportboxen. Ein Bezug zur Batterieproduktion taucht erstmals 2017 auf. Die explizite wissenschaftliche Untersuchung von Mini- und Microenvironments in der Batteriezellfertigung ist erst seit 2023 durch Arbeiten von Fraunhofer und der RWTH Aachen intensiviert worden.
Ausblick
Noch befindet sich die Entwicklung von Mini- und Microenvironments in der Phase der industrienahen Forschung. Doch eine Implementierung in ersten industriellen Produktionsanlagen könnte durch viele Parallelen zur Halbleiterindustrie schon in den kommenden Jahren erfolgen. Das Know-How dazu liegt überwiegend in Asien, Deutschland sei jedoch im Bereich der Klimatechnik und Lufttrocknung durch einen hohen Patentanteil und ansässige Industrieunternehmen sehr gut aufgestellt, so die beiden Forschenden.
Durch gezielte Maßnahmen wie das SynBatt Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung werden aktuell mehrere Konsortien zur Weiterentwicklung des Konzepts für die Batteriezellfertigung gefördert. Damit bestehe berechtigte Hoffnung, dass Deutschland eine erfolgreiche Rolle bei der Kommerzialisierung der Technologie einnehmen kann und damit in Zukunft weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit der Batterieproduktion anbieten kann.
Quelle: Fraunhofer ISI – Pressemitteilung vom 02.06.2025
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