
Mini Aceman SE im Test: Wie viel Mini steckt noch drin?
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Mit dem Mini Aceman SE schiebt die deutsch-britische Marke ein E-Auto in die Lücke zwischen Cooper und Countryman. Mini reagiert damit auf das wachsende Bedürfnis nach einem alltagstauglicheren Modell jenseits des ikonischen Dreitürers und unterhalb des deutlich gewachsenen Countryman. Der Aceman bringt das typische Mini-Gefühl auf ein neues Format – ohne auf markentypische Agilität oder Charakter zu verzichten, so das Versprechen.
Im zweiwöchigen Testzeitraum und auf einer Gesamtstrecke von mehr als 500 Kilometern rund um Heidelberg konnte das kompakte E-Auto in Stadt, Land und Autobahn zeigen, wie vielseitig es sich im Alltag schlägt – und wie viel Mini trotz neuer Plattform und Technik noch im Aceman steckt.
Technische Daten des Mini Aceman SE
Leistung: 160 kW (218 PS), Vorderradantrieb
Drehmoment: 330 Nm
Batterie: 54,2 kWh brutto / 49,2 kWh netto
Reichweite (WLTP): bis zu 405 km
Verbrauch (WLTP): 14,0 – 14,7 kWh/100 km
Beschleunigung 0 – 100 km/h: 7,1 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
Laden AC: 11 kW (dreiphasig)
Laden DC: max. 95 kW (10 – 80 Prozent in ca. 29 Minuten)
Maße (L x B x H): 4079 x 1754 x 1514 mm
Radstand: 2606 mm
Leergewicht: 1785 kg
Kofferraumvolumen: 300 – 1005 Liter
Mini Aceman: Das Zwischending
Der Aceman SE ist Minis Antwort auf jene Kundinnen und Kunden, denen der dreitürige Mini Cooper zu klein und der Countryman zu groß geraten ist. Mit rund 4,07 Metern Länge positioniert sich der kompakte E-Crossover genau dazwischen und bietet fünf Türen, fünf Sitzplätze sowie ein für diese Klasse ordentliches Platzangebot. Anders als der größere Countryman wird der Aceman ausschließlich vollelektrisch angeboten.
Dabei gibt es zwei Leistungsstufen: Den Aceman E mit 135 kW (184 PS), kleinerem 42,5-kWh-Akku und einer WLTP-Reichweite von bis zu 310 Kilometern – sowie den hier getesteten Aceman SE mit 160 kW (218 PS), 54,2-kWh-Akku und bis zu 405 Kilometern Reichweite. Neben mehr Leistung bringt der SE auch schnellere Ladezeiten und ein höheres Ausstattungsniveau mit.
Wer noch eine Stufe draufsetzen möchte, der kann sich für den Mini John Cooper Works Aceman entscheiden. Dieser bildet die Speerspitze bei den Modell-Varianten des kompakten Stromers. Hier gibt es dann Design- sowie antriebstechnisch noch einmal ein Upgrade. Braucht es aber nicht unbedingt.
Mini wird optisch neu interpretiert
Für alle Varianten gilt: Trotz knapp über 4 Meter Länge wirkt der Aceman auf den ersten Blick vertraut: Kurze Überhänge, breites Gesicht, markante Konturen. Doch die Designer haben das klassische Mini-Design weitergedacht und neu interpretiert. Flache, integrierte Türgriffe, aerodynamisch optimierte Übergänge und auffällige Farbkombinationen wie Indigo Sunset mit dunkelblauen Kontrastelementen verleihen dem Aceman SE einen eigenständigen Auftritt.
Auffällig sind auch die markanten Radhäuser mit ihrem nach hinten gezogenen Verlauf und die Mischung aus gedrungener Proportion und kraftvollem Stand. Das Design ist klar auf Urbanität und Präsenz ausgelegt – ohne ins Überzeichnete abzurutschen.
Trotzdem bleibt das Design nicht frei von Kritik. Zumindest unsererseits. Der hohe Aufbau in Verbindung mit großen Raddurchmessern und kurzer Gesamtlänge erzeugt eine gewisse optische Kopflastigkeit, das muss natürlich gefallen. Auch wirken einige Details wie die Türgriffgestaltung im Innenraum oder die kantige Heckpartie aus bestimmten Blickwinkeln überzeichnet beziehungsweise nicht ideal gewählt. Wer den klassischen Mini mit klaren Linien und Rundungen bevorzugt, könnte hier einen Bruch mit der Historie empfinden. Man kann sich aber durchaus damit anfreunden.
Die 19-Zoll-Räder in Kombination mit der robusten Plankung unterstreichen den Crossover-Charakter. Und dennoch: Der Aceman bleibt visuell Mini durch und durch – nur eben in einer neuen, modernisierten Form.
Atmosphäre und Digitalisierung
Im Innenraum dominiert das zentrale OLED-Runddisplay, das in Kombination mit den darunterliegenden Kippschaltern nicht nur optisch für Aufmerksamkeit sorgt, sondern auch funktional überzeugt. Kritik gibt es aber auch hier: So ist zwar die Darstellung gestochen scharf und auch die Bedienung, die per Touch oder Sprache funktioniert, überzeugt. In Hinblick auf die Menüführung gibt es aber durchaus noch Verbesserungspotenzial. Menüs wirken überladen, verschachtelt und gerade im eher ungewohnten runden Display nicht simpel zugänglich. Gewöhnungssache, nach ein paar Tagen hat man dies auch drin. Dennoch könnte es einfacher sein.
Über einen Kippschalter lassen sich die Experience Modes des Aceman verändern. Dies übt nicht nur einen Einfluss auf das visuelle Erscheinungsbild, sondern auch auf Akustik und Beleuchtung aus, was dem Innenraum eine fast schon inszenierte Atmosphäre verleiht. Interessant ist dabei, dass die Modi nicht nur optische Spielerei sind, sondern tatsächlich auch die Fahrzeugeigenschaften beeinflussen – etwa das Ansprechverhalten des Antriebs oder die Fahrdynamik. Das ist auf den ersten Blick nicht offensichtlich, entspricht aber den Fahrmodi, die man von anderen E-Modellen kennt.
In der Basisversion stehen mit “Core”, “Green” und “Go-Kart” drei verschiedene Modi zur Wahl. Wer sich für die Sonderausstattung “Mini Experience Modes” entscheidet, erhält Zugriff auf weitere Varianten wie “Balance”, “Timeless”, “Vivid”, “Trail” oder “Personal”. Neben unterschiedlichen Ambient-Light-Farben ändert sich auch die grafische Darstellung der Inhalte im Display. Insgesamt ergibt sich so ein Innenraum, der deutlich emotionaler aufgeladen ist als in vielen anderen E-Autos dieser Klasse, wie der Hersteller die Experience-Modes einordnet.
Platzangebot und Verarbeitung
Die Vescin-Sitze mit auffälligen Kontrastnähten bieten vorn guten Seitenhalt und ausreichend Komfort, auch wenn eine Belüftungsfunktion fehlt. Die elektrische Verstellung funktioniert zuverlässig, allerdings lässt sich die Sitzposition für besonders große Fahrer nicht ganz tief genug einstellen. Im Fond überrascht der Aceman trotz kompakter Außenmaße mit viel Bein- und Kopffreiheit, was angesichts des Panoramadachs nicht selbstverständlich ist. Die Sitzbank ist jedoch eher auf kurze Strecken ausgelegt, da die Lehne relativ steil steht und die Mittelplatznutzung durch den erhöhten Tunnel kaum praktikabel ist.
Positiv fällt die Materialanmutung im gesamten Innenraum auf: Das gestrickte Textil am Armaturenbrett wirkt hochwertig. Die Hartplastikflächen an unteren Türpartien und Mittelkonsole erinnern dagegen daran, dass auch im Premiumsegment Kompromisse notwendig sind. Die Ablagen fallen insgesamt eher klein aus, die induktive Ladeschale ist zwar vorhanden, hält das Smartphone aber nicht sicher. Kritik verdient auch der Platz für das Ladekabel unter der Fronthaube – denn dieser ist schlicht nicht vorhanden.
Mini Aceman SE: Fahreindruck in der Stadt, auf der Landstraße und Autobahn
Im urbanen Umfeld gibt sich der Mini Aceman SE quirlig und agil. Die direkte Lenkung, der relativ kleine Radstand und das transparente Sichtfeld machen das Rangieren einfach. Besonders im dichten Stadtverkehr vermittelt der kompakte E-Crossover ein kompaktes, wendiges Gefühl – wären da nicht die über 11 Meter Wendekreis, die in engen Altstadtgassen oder Parkhäusern für unnötiges Rangieren sorgen. Hier verschenkt Mini spürbares Potenzial in der Stadt, das man dem Auto bei seinem Format nicht zutrauen würde.
Auf der Landstraße zeigt sich der Aceman von seiner fahraktiven Seite: Trotz Frontantriebs und 1785 Kilogramm Gewicht bietet das Fahrwerk viel Feedback, eine direkte Abstimmung und bei forcierter Fahrweise sogar Lift-off-Oversteer. Das erinnert an klassische Hot-Hatch-Tugenden und vermittelt echten Fahrspaß. Allerdings erfordert das auch aktives Mitlenken und eine gute Fahrzeugbeherrschung, denn die Kombination aus sportlicher Abstimmung und weniger griffigen Eco-Reifen sorgt gelegentlich für Traktionsverluste an der Vorderachse. Gerade, wenn man das Strompedal ein wenig zu berherzt durchdrückt.
Blickt man auf die Erfahrungen auf der Autobahn, fällt das straffe Fahrwerk bei Querrillen und Betonfugen negativ auf. Die Dämpfung arbeitet sehr reaktiv, wodurch sich die Karosserie auf schlechten Belägen spürbar bewegt. Das kann ermüdend wirken, insbesondere bei längeren Fahrten oder mit empfindlichen Mitfahrer:innen. Der Aceman bleibt somit eher der ideale Begleiter für den urbanen Raum und kurvige Landstraßen als für Langstrecken auf der Autobahn.
Dennoch gilt: Mit 160 kW (218 PS) Leistung und 330 Nm Drehmoment geht der Aceman SE souverän zur Sache. Der Antritt aus dem Stand ist kraftvoll, das Beschleunigungsgefühl bleibt auch im mittleren Geschwindigkeitsbereich erhalten – ohne dabei überfordernd zu wirken. Der kompakte Stromer liefert ein fein austariertes Maß an Dynamik: engagiert, aber kontrollierbar. Bei forcierter Fahrt lässt sich das Leistungsangebot präzise dosieren, während im Alltag die Rekuperation in drei Stufen sinnvoll abgestimmt ist – allerdings ein wenig umständlich über verschachtelte Menüs einzustellen.
Wer es komfortabler mag, aktiviert die adaptive Rekuperation, die je nach Verkehrssituation entscheidet, ob gesegelt oder verzögert wird. Besonders im Stadtverkehr erweist sich das „B“-Fahrprogramm als hilfreich: Mit One-Pedal-Driving lässt sich der Aceman nahezu ohne Bremspedal fahren, was das Fahren im Stop-and-Go-Verkehr deutlich erleichtert. Vom “D-” auf “B-Modus” kann, wer hätte es gedacht, auch über einen Kippschalter gewechselt werden.
Energieverbrauch und Ladeleistung
Im Testzeitraum pendelte sich der Verbrauch bei exakt 15,2 kWh pro 100 Kilometer ein – ein guter Wert angesichts der gebotenen Fahrdynamik, der oft genutzten Experience Modes und des Testprofils mit Stadt-, Land- und Autobahnanteilen. Damit lassen sich praxisnah Reichweiten von etwa 340 bis 355 Kilometern erzielen, bei bewusster Fahrweise auch etwas mehr. Wer häufig auf die sportlicheren Modi wie Go-Kart zurückgreift oder oft im zügigen Autobahntempo unterwegs ist, sollte hingegen mit kürzeren Reichweiten rechnen.
Der WLTP-Wert liegt laut Hersteller bei bis zu 406 Kilometern, bleibt im Alltag jedoch eher theoretischer Natur. Der 54,2 kWh brutto/ 49,2 kWh netto große Akku kann mit maximal 95 kW an Schnellladesäulen geladen werden. In der Praxis bedeutet das: Von 10 auf 80 Prozent in 29 Minuten – sofern das Laden am idealen Temperaturfenster erfolgt und die Säule die Leistung auch konstant liefert. Die durchschnittliche Ladeleistung liegt mit 75 kW gut 20 kW unter der Peakladeleistung.
Beim AC-Laden sind bis zu 11 kW möglich, was eine Vollladung über Nacht (5 Stunden 15 Minuten) an der heimischen Wallbox problemlos ermöglicht. Die Ladezeiten sind damit alltagstauglich, auch wenn die Schnellladeleistung im Wettbewerbsvergleich eher im Mittelfeld liegt. Einige Marktbegleiter in ähnlicher Größenordnung – etwa der Jeep Avenger, der Hyundai Kona oder der Renault Megane E-Tech – schaffen bereits Ladeleistungen von 125 bis 130 kW.
Infotainment, Navigation und Smartphone-Anbindung
Das digitale Bedienkonzept rund um das OLED-Display, das wir eingangs erwähnt hatten, zeigt sich auch beim Thema Laden ausgereift. Die Navigation berücksichtigt Ladepunkte, die Filterfunktion über die Mini-App erlaubt individuelle Anbieterwahl. In der Praxis funktionierte die Ladeplanung reibungslos, inklusive Echtzeitdaten und bevorzugter HPC-Standorte. Auch die Anzeige der Ladeleistung und Restreichweite zeigte sich realitätsnah.
Erfreulich ist zudem die nahtlose Smartphone-Integration: Apple CarPlay und Android Auto sind jeweils kabellos verfügbar. Die Verbindung funktionierte im Test stabil und schnell. Musik, Navigation und Messaging liefen während der Fahrt störungsfrei, und das System zeigte sich in der Bedienung kaum fehleranfällig.
Weniger gelungen ist allerdings die Nutzung des vollen Potenzials des runden OLED-Displays: Trotz seiner imposanten Form und hochwertigen Darstellung wird es nicht immer vollständig ausgenutzt. In vielen Menüs bleibt die Darstellung auf einen kleineren zentralen Bereich begrenzt, während die Außenbereiche visuell wenig beitragen. Gerade beim Einsatz von CarPlay oder Android Auto bleibt das Display gestalterisch unter seinen Möglichkeiten, was angesichts der auffälligen Formgestaltung etwas enttäuscht.
Mini, aber nicht günstig – dafür überzeugend. Fazit zum Mini Aceman SE
Mit einem Einstiegspreis von 34.150 Euro positioniert sich der Mini Aceman SE als selbstbewusste, aber gut ausgestattete Alternative im wachsenden Segment kompakter Elektro-Crossover. Im Vergleich zum Aceman E (ab 30.650 Euro) bietet der SE spürbar mehr Leistung, bessere Ladezeiten und ein erweitertes Ausstattungspaket – ein Aufpreis, der sich im Alltag tatsächlich bemerkbar macht und sich somit durchaus lohnt.
Der Testwagen selbst brachte es auf einen Preis von 45.230 Euro (brutto) zuzüglich 950 Euro Bereitstellungspauschale. Aufgeteilt in einen Fahrzeuggrundpreis von 33.200 Euro sowie Sonderausstattung in Höhe von 12.030 Euro. Unter anderem sind als Sonderausstattung die John Cooper Works Sportsitze, das Multitone-Roof sowie das Panorama-Glasdach verbaut. Ebenso die bereits erwähnten Mini Experiences-Modes sowie die elektrische Sitzverstellung mit Memory-Funktion.
Der Aceman SE bleibt ein Mini durch und durch – mit all seinen Stärken in puncto Design, Dynamik und Individualität. Gleichzeitig zeigt er aber auch typische Schwächen: begrenzter Langstreckenkomfort, nicht optimal genutztes Displaypotenzial und einige ergonomische Kompromisse im Innenraum. Wer sich darauf einlässt, erhält ein elektrisches Stadtauto mit überraschendem Fahrspaß, emotionalem Auftritt und einem Hauch Premium. Ein Mini eben – nur eben elektrisch und etwas größer gedacht.
Disclaimer: Der Mini Aceman SE wurde uns für diesen Testbericht kostenfrei für den Zeitraum von zwei Wochen von Mini zur Verfügung gestellt. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.
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