Robo-Autos: China, Tesla oder doch VW vorn?
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Das autonome Fahren ist neben Elektroautos das nächste große Ding in der Automobilindustrie. Wer hat beim Robo-Fahren die Nase vorne? Sind es die chinesischen Autobauer? Oder doch Tesla? Sind die deutschen Hersteller heillos abgeschlagen?
Vor ein paar Tagen ist VW beim autonomen Fahren endlich aus der Deckung gekommen. Auf der Mobilitätsmesse “UITP Summit 2025“ rollte der niedersächsische Autobauer durch seine Tochtermarke Moia den ID.Buzz AD in das Scheinwerferlicht. Das Kürzel „AD“ ist entscheidend. Denn es steht in diesem Fall für „Autonomous Driving“, also autonomes Fahren. Schon im nächsten Jahr sollen die Elektro-Bullis als Robo-Taxis in Hamburg und Los Angeles an den Start gehen. Weitere Städte sollen folgen. Mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) gibt es schon eine Vereinbarung und auch der US-Fahrdienstleister Uber ist an Bord. Somit wird es in den USA nicht bei der Westküstenmetropole bleiben. In den nächsten zehn Jahren sollen einige Tausend der Robo-ID.Buzz ihre Runden drehen.
Waymo in USA bereits autonom unterwegs
Das klingt alles verheißungsvoll, doch in den USA sind Tesla und die Google-Schwester Waymo bereits einen Schritt weiter. Die Alphabet-Tochter betreibt unter dem Markennamen Waymo One bereits autonome Taxis in mehreren US-Städten, darunter San Francisco, Los Angeles, Phoenix und Austin. Die Flotte der selbstfahrenden Vehikel, die autonomes Fahren des Level 4 beherrschen, umfasst derzeit rund 1500 Fahrzeuge. Pro Woche werden etwa 250.000 Fahrten gebucht. Bis Ende des Jahres will Waymo seine Dienste auch in Atlanta, Miami und Washington D.C. anbieten und dafür circa 2000 weitere Fahrzeuge auf die Straße bringen. Damit dürfte dann die Anzahl der Routen und vor allem der gesammelten Daten explodieren, die für das autonome Fahren essenziell sind. Klaus Schmitz, Partner der Strategieberatung Arthur D. Little, schätzt den Vorsprung von Waymo gegenüber VW auf etwa fünf Jahre.
Waymos großer Konkurrent ist Tesla. „Tesla ist hier, trotz aller Kritik, ganz klar vorn. Kein anderer Hersteller testet ein vergleichbar leistungsfähiges KI-System in dieser Breite. Tatsächlich ist Tesla der einzige Anbieter mit flächendeckendem KI-Feldtest im Echtbetrieb“, stellt Martin Geißler, Partner bei der Unternehmensberatung Advyce & Company klar. Und das, obwohl Teslas Full Self-Driving (FSD) auf eine kamerabasierte Lösung setzt und auf Lidar-Sensoren verzichtet. Elon Musk nutzt die künstliche Intelligenz im Zusammenspiel mit neuronalem Netzwerktraining. Die Menge an Daten, die die Autopiloten bereits gesammelt haben, sind immens. Dennoch gibt es nach wie vor Zweifel, ob die Erfassung der Umgebung mit Kameras bei schlechten Sichtverhältnissen ausreicht.
„Auch in China ist man weiter: Anbieter wie Baidu beziehungsweise Apollo Go, AutoX oder WeRide testen ihre Robotaxis in Millionenstädten wie Shenzhen, Wuhan oder Guangzhou, teils ebenfalls ohne Sicherheitsfahrer und mit realen Passagieren. Hier wird nicht mehr „erforscht“, sondern schon skaliert“, macht Martin Geißler klar. Die Dynamik bei den Robo-Autos im Reich der Mitte ist hoch. Hersteller wie BYD und Nio entwickeln die Technologie inklusive der Prozessoren selbst. Nio hat sich Tesla zum Vorbild genommen und will mit einer ähnlichen Strategie zum Erfolg kommen. Noch haben die Amerikaner deutlich die Nase vorne. Dennoch machen die Chinesen im Stadtverkehr massive Fortschritte.
Xiaomi – unterschätzter Hersteller aus China?
Einen Akteur, den viele noch gar nicht auf dem Radar haben, ist Xiaomi. Dass der Technologiekonzern Autos bauen kann, haben die Chinesen mit dem SU7 Ultra bewiesen, der auf der Nordschleife des Nürburgrings den Rekord für Elektrofahrzeuge geknackt hat. Auch beim autonomen Fahren gibt Xiaomi Gas. Autos wie der Luxeed R7 (gehört zu Chery) oder der Voyah Free sind bereits mit dem neuesten autonomen Fahrsystem Huawei ADS 4.0 (Advanced Driver-Assistance System) ausgestattet. Zwar entbindet Huaweis Cruise Assist den Fahrer nicht vollständig von der Verantwortung, aber das System agiert auch im Gewusel chinesischer Millionenmetropolen schon ziemlich souverän. Was den Akteuren aus dem Reich der Mitte bei der Entwicklung der Robo-Autos in die Karten spielt, sind die großzügigeren Vorschriften.
Und die Deutschen? Die agieren in urbanen Gebieten eher zurückhaltend. BMW zeigt mit der Neuen Klasse, dass auch in München mit Hochdruck an selbsttätigen Vehikeln gearbeitet wird. Bei allen Fortschritten besteht BMW darauf, dass es sich bei der Technik noch nicht um autonomes Fahren handelt, eher um den Level 2++.
Ähnlich ist Mercedes unterwegs. Zumindest innerhalb der Stadtmauern. Auch wenn Mercedes-Ingenieure hinter vorgehaltener Hand klarmachen, dass der CLA genauso souverän agieren kann wie die chinesischen Modelle, es nur in Deutschland nicht erlaubt ist. Auf Autobahnen sieht die Sache ganz anders aus. Mercedes ist bislang der einzige Hersteller, der mit dem Drive Pilot 95 ein zulassungsfähiges autonomes Fahren des Level 3 realisiert hat. Das bedeutet, dass man die Hände vom Lenkrad nehmen und sich anderen Aufgaben widmen kann. Noch in dieser Dekade soll die Geschwindigkeit auf 130 km/h steigen.
Am Ende muss autonomes Fahren wirtschaftlich sein
Ein Thema, das beim Wettlauf zum autonomen Fahren noch eine große Rolle spielen wird, sind die wirtschaftlichen Faktoren. Zum einen sind Lidar-Sensoren nach wie vor sehr teuer, zum anderen ist ein enormer Entwicklungsaufwand nötig, um die Autos fit für das autonome Fahren des Level 4 zu machen. Von Level 5 ganz zu schweigen. Nicht jeder Autobauer kann sich das auf Dauer leisten.
Ob sich das Ganze rechnet, steht noch in den Sternen. „Der Robotaxi-Markt wird größer geredet, als er ist. Prognosen von 40 Milliarden Dollar bis 2030 sind schlicht utopisch: Der gesamte Weltmarkt für Taxifahrten liegt derzeit bei knapp über 100 Milliarden – bei negativem Wachstum“, weiß Martin Geißler. Klaus Schmitz ergänzt: „Bei den jetzigen Hardwarekosten für zum Beispiel Waymo oder Moia ist eine wirtschaftliche Lösung weder für Robo-Taxis und schon gar nicht für privat genutztes Selbstfahren möglich.“
Auch die geopolitische Lage spielt eine Rolle. „Aufgrund der rigiden Technologie- und Handelsbeschränkungen wird für die Chinesen die Verfügbarkeit von Chips mit Strukturen, die kleiner sind als sieben Nanometer zur Herausforderung werden“, sagt Klaus Schmitz. Leistungsfähige Prozessoren sind unabdingbar, wenn das Auto selbsttätig agieren soll. Der Wettlauf zum Robo-Autos wird also von vielen Faktoren beeinflusst.
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